Der Piep im Ohr - das Handy im Auto

Trotz eigentlich klarer Verordnung sorgt das Handyverbot am Steuer, ab 1. Februar gĂĽltig, im Vorfeld immer noch fĂĽr Aufregung.

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Von
  • Basil Wegener
  • dpa

Die Fahrt auf der Autobahn lässig mit einer Hand zu steuern und nebenher das Handy ans Ohr zu drücken, ist künftig tabu. Ab 1. Februar darf im Auto nur noch im Dauerstau oder mit Freisprechanlage telefoniert werden. Dafür sorgt die 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften aus dem Bundesverkehrsministerium – eigentlich eine überschaubare Vorschrift. Doch das Handy gehört mit geschätzten 48 Millionen Nutzern in Deutschland mittlerweile mindestens so zentral zum Leben wie das Autofahren selbst. Das Handyverbot sorgt deshalb im Vorfeld für Aufregung. Und doch ist es wohl nur ein Schritt auf dem Weg zum völlig befreiten Telefonieren.

"Das führt zur Gängelung und Verunsicherung der Fahrer", kritisiert etwa Johannes Hübner, Sprecher des Automobilclubs von Deutschland e.V. (AvD) in Frankfurt. Für den AvD, der 1,3 Millionen Autofahrer vertritt, ist die Regelung Ausdruck gesetzlicher Regelungswut. "Das wird nur zu einer Welle von Privatanzeigen vieler 'Oberlehrer' hinterm Steuer gegen andere Verkehrsteilnehmer führen, die die Gerichte belasten", vermutet Hübner.

Über die Hälfte (53 Prozent) der Vielfahrer in Deutschland lehnt nach einer Umfrage der Sicher Direct Versicherung (Dreieich/Hessen) das Verbot ab. "Das Gesetz ist sinnvoll", sagt hingegen Maximilian Maurer vom ADAC in München. Testfahrten mit und ohne Handy, die die Universität Bremen in ADAC-Auftrag auswertete, belegten: Telefonierer begehen viel häufiger gravierende Fahrfehler – meist ohne es überhaupt zu merken. 20 Unfalltote gab es laut Bundesverkehrsministerium 1996 wegen Telefonierens.

Die Details der neuen ablenkungsfreien Autowelt können den Fahrern allerdings Kopfzerbrechen bereiten. Klar ist: Nach einer Lernphase mit nur mündlichen Verwarnungen bis 1. April ist ein Verwarngeld von 60 Mark fällig. Beim Radfahrer wird Telefonieren während der Fahrt dann mit 30 Mark geahndet. Auch künftig ist jedoch erlaubt, im Dauerstau oder vor heruntergelassenen Bahnschranken zu telefonieren – bei ausgeschaltetem Motor. Außerdem gibt es ja noch die erlaubten Telefonvarianten. Reicht aber ein Headset – ein Ohrstecker mit Mikro – oder braucht man eine teure Freisprechanlage?

"Headsets sind billiger und besser", sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (vatm) in Köln. Grützner rät zu den Modellen, die Handy-Hersteller für rund 70 Mark für eigene Geräte anbieten. Empfang und Ton seien klarer als bei rund 30 Mark teuren variablen Headsets für verschiedene Handys.

Ungewiss ist allerdings noch, ob das Verbot wirklich richtig kontrolliert wird. "Es wird Gegenden geben, wo auch Monate nach Inkrafttreten kein Polizist etwas sagt", räumt Richard Schild ein, der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, "im Bereich anderer Polizeidirektionen kann dagegen scharf kontrolliert werden".

Ministeriumssprecher Schild erwartet, dass sich das Gesetz irgendwann überlebt haben wird: "Wenn alle Fahrzeuge mit Freisprechanlagen ausgestattet sind, braucht man das Gesetz nicht mehr", sagt Schild. In Zukunft werden womöglich alle Fahrer ohne sichtbare Geräte ständig mit aller Welt in Kontakt stehen. Diese Entwicklung sieht bereits der vatm voraus. Die neue Vorschrift könnte die technische Aufrüstung zur freien Telefonzukunft sogar beschleunigen. Bereits heute verbinden viele Freisprechanlagen die Fahrer auf Zuruf mit ihren Lieben – oder mit der Auskunft, die gleich zum gewünschten Gesprächspartner durchstellt. (Basil Wegener, dpa) / (jk)