Google Fiber: Glasfaserausbau gestoppt, Chef gegangen

Google Fiber gibt die Verlegung neuer Glasfaseranschlüsse auf. Vielleicht gibt es irgendwann Internetzugang über Funk, aber jetzt werden Büros geschlossen und Mitarbeiter abgebaut. Dargestellt wird das als Fortschritt.

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Bunter überdimensionierter Hase vor farblosem Wohnhaus

Screenshot eines Werbevideos für Voranmeldungen für Google Fiber

(Bild: Screenshot/Google Fiber)

Lesezeit: 4 Min.

Die Google-Holding Alphabet schraubt ihr Engagement für Glasfaseranschlüsse für Privathaushalte ("Google Fiber") deutlich zurück. Fast alle Projekte zu Erschließung weiterer Städte werden auf Eis gelegt. Diesen "verfeinerten Plan" mit "neuer Produktstrategie" hat der bisherige Chef der Internetzugangssparte Alphabets, Craig Barrat, in einem Blogpost bestätigt. Eine nicht genannte aber wohl dreistellige Zahl von Stellen bei Google Fiber wird gestrichen, darunter auch Barrats Posten.

Netzanschlussgerät Google Fibers

(Bild: Paul Sableman CC-BY 2.0)

Die Entscheidung kommt nicht völlig unerwartet. Im Juli wurde die Stadt Portland, Oregon, von einem plötzlichen Projektstopp geschockt. Sie hatte alle geforderten Vorleistungen erbracht und rechnete mit dem ersten Spatenstich. Und im Silicon Valley hatte eine Baufirma bereits die notwendigen Bauarbeiter angeheuert, als auch dort die Bremse gezogen wurde.

Derzeit gibt es Glasfaser von Google Fiber in Teilen von acht US-Regionen (siehe die Liste weiter unten). In vier weiteren Regionen laufen Bauarbeiten, die grundsätzlich weitergehen sollen. Allerdings teilt Google Fiber jede Region in kleine "Fiberhoods". Nur wenn es in einer Fiberhood genügend Anmeldungen gibt, werden dort Leitungen verlegt. Wer auf der falschen Straßenseite wohnt, bleibt außen vor. Google Fiber könnte seine Investitionen in den vier in Bau befindlichen Regionen einfach dadurch reduzieren, dass es weniger Fiberhoods erschließt.

Google Fiber hatte elf weiteren Regionen mit insgesamt über 30 Kommunen Hoffnungen gemacht. Diese Kommunen haben viel Geld und Zeit in die geforderten Vorbereitungsarbeiten investiert, aber nun das Nachsehen. Die örtlichen Google-Fiber-Büros werden geschlossen, die erhoffte Glasfaserinfrastruktur kommt nicht.

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Eine dieser Regionen ist das Phoenix-Tal in Arizona. Rund zwei Dutzend Kommunen, die nahtlos in einander übergehen, bilden eine schnell wachsende Wüstenmetropole. Drei dieser Kommunen, Phoenix, Scottsdale und Tempe, hatte Google als Kandidaten für ein Glasfasernetz auserkoren. 2014 sah alles danach aus, als würde der fixe Zuschlag unmittelbar bevorstehen. Die c't hat sich damals vor Ort umgesehen, um herauszufinden, wie eine Stadt zu Google Fiber City wird.

Doch auch fixe Zusagen sind nicht wirklich fix. Google Fiber kann den Vertrag mit der Stadt jederzeit kündigen. Genau das passiert nun offenbar San Francisco.

Bild mit Seltenheitswert

Der Blogpost, mit dem die Hoffnungen der elf Kandidatenregionen begraben werden, und in dem der zuständige Manager seinen Abschied mitteilt, trägt absurder Weise die Überschrift "Advancing our amazing bet" (frei übersetzt: "Wie treiben unsere tolle Wette vorwärts"). Google Fiber müsse nicht nur wachsen, heißt es in dem Text, sondern auch seinen Vorsprung bewahren, "die Grenzen von Technik, Business und Richtlinien verrücken, um beim superschnellen Internet führend zu bleiben."

"Wir haben unseren Plan verfeinert, um diese Ziele in Zukunft zu erreichen", schreibt Barrat. "Das beinhaltet Veränderungen am Fokus unserer Geschäfts- und Produktstrategie." Die Firma soll sich fortan auf neue Technik und neue Netzbaumethoden konzentrieren. Details bleibt der scheidende Manager schuldig.

Offenbar war die Verlegung von Glasfasern zu einzelnen Haushalten zu aufwändig, so dass Alphabet es mit drahtlosen Anschlüssen probieren will. Bereits 2014 hat Google das Startup Alpental gekauft, welches sich mit Funk im 60-GHz-Band beschäftigt hatte. Im Juni kam die Firma Webpass dazu. Sie wurde 2003 gegründet und bietet Breitbandanschlüsse über Richtfunk in sechs US-Städten an.

Google Fiber kommt doch nicht nach Arizona (6 Bilder)

Heiße Boomtown

Obwohl Phoenix in der Wüste liegt, ist es einer der am schnellsten wachsenden Ballungsräume der Vereinigten Staaten.
(Bild: Daniel AJ Sokolov)

In diesen Regionen gibt es Google Fiber:

  • Atlanta
  • Austin
  • Charlotte
  • Kansas City
  • Nashville
  • Provo
  • Salt Lake City
  • Raleigh-Durham

In diesen Regionen wird gebaut:

  • Hunstville
  • Irvine
  • Louisville
  • San Antonio

Die Hoffnungen dieser Regionen wurden enttäuscht:

  • Chicago
  • Dallas
  • Jacksonville
  • Los Angeles
  • Oklahoma City
  • Phoenix
  • Portland
  • San Diego
  • San Francisco
  • Silicon Valley
  • Tampa

(ds)