Bertelsmann mit neuem Aktionär und Mehrheit an RTL

Eine belgisch-kanadische Finanzgruppe steigt bei Bertelsmann ein; im Tausch übernimmt der Medienkonzern die Mehrheit an der RTL Group.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die belgisch-kanadische Finanzgruppe Groupe Bruxelles Lambert (GBL) übernimmt 25,1 Prozent der Anteile an der Bertelsmann AG (Gütersloh). Im Gegenzug übernimmt das Medienunternehmen die 30 Prozent der GBL-Anteile an Europas führender TV- und Radioholding RTL Group, teilte das Unternehmen am heutigen Montag mit. GBL erhält 25 Prozent Aktien mit und 0,1 Prozent ohne Stimmrecht. Damit ist eine Sperrminorität ausgeschlossen. Überraschenderweise ist Bestandteil des Vertrags, dass ab 2004 GBL seine Anteile an der Bertelsmann AG an die Börse bringen kann – ein Vorgang, der bislang von den Bertelsmann-Eignern abgelehnt wurde. Auch eine Fremdbeteiligung an Bertelsmann wiesen die Inhaber bislang zurück.

Mit dem Austausch der Beteiligungen wird Bertelsmann der beherrschende Aktionär der RTL Group, an der das Unternehmen gemeinsam mit der WAZ-Gruppe bereits 37 Prozent hält. Bertelsmann und die WAZ-Gruppe teilen sich ihre Beteiligung im Verhältnis 80 Prozent Bertelsmann und 20 Prozent WAZ. Die GBL-Anteile erwirbt Bertelsmann ohne Beteiligung der WAZ. Ein weiterer Gesellschafter der RTL Group ist die britische Pearson TV mit 22 Prozent. GBL, CLT-UFA und Pearson hatte im April 2000 die Fusion vereinbart. In Deutschland gehören zum Portfolio Europas größter Werbeträger RTL sowie VOX und Beteiligungen an Super RTL und RTL II.

Der Einstieg der Finanzgruppe stellt einen einschneidenden Meilenstein in der Geschichte von Bertelsmann dar. Thomas Middelhoff, Chef des deutschen Medienkonzerns, sprach von einem "strategisch und firmenhistorisch bedeutsamen Schritt, der die Zukunft des Unternehmens nachhaltig prägen wird". Die überraschende Wendung sei "seit mehreren Monaten im engeren Vorstandskreis unter Hinzuziehung von Reinhard Mohn" geplant und entwickelt worden. "Alle Beteiligten sind gemeinsam der Überzeugung, dass Bertelsmann unter Beibehaltung der unternehmerischen Eigenständigkeit eine richtungweisende Möglichkeit gefunden hat, sich neuen Entwicklungen anzupassen und auch eigene Aktien als Akquisitionswährung einzusetzen", hieß es in Gütersloh.

Der Medienkonzern ist im Besitz der Bertelsmann-Stiftung sowie der Familie von Reinhard Mohn. Der Rückkauf der einstigen Zehn-Prozent-Beteiligung der ZEIT-Stiftung war im vergangenen Jahr von Bertelsmann angekündigt worden und soll bis spätestens 2004 abgeschlossen sein. Mohn hatte bislang stets ausgeschlossen, dass die Holding jemals an die Börse gebracht würde. Nun hat der sich der 79-Jährige offenbar korrigiert. Erst vor wenigen Tagen hatte Bertelsmann die Broadband Group für interaktive Medien über Kabel und Satellit gesellschaftsrechtlich an RTL übertragen. (jk)