Auf den letzten Metern: Alternative ICANN-Registrierung freigeschaltet
Seit Wochen gibt es Klagen, dass die Mitgliederregistrierung ICANN ĂĽberlastet ist. Ein Hannoveraner Provider hat nun eine Alternative geschaffen.
Seit Wochen gibt es Klagen, dass die Mitgliederregistrierung der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) nur noch mit viel Geduld möglich ist. "Die Seite ist überlastet. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal", damit werden Benutzer vertröstet, die sich als Wähler für die im Herbst stattfindende Wahl von fünf regionalen ICANN-Direktoren registrieren wollen. Christian Schulze vom Internet Service Provider Comlink aus Hannover hat am vergangenen Freitag, gerade mal drei Tage vor Einschreibeschluss, eine alternative Seite für die ICANN-Registrierung ins Netz gestellt. "Es ist eine ganz simple Sache. Statt in drei Schritten führt die Seite sofort zum letzten Registrierschritt der ICANN-Seiten und verhindert die von der ICANN vorgesehenen Mehrfachabfragen." Die Seite kann unter http://www.comlink.org/icann/icann.php3 abgerufen werden.
Auch wenn die Nutzer damit nicht vollständig gegen die "Überlastet"-Meldungen gefeit sind, sind Registrierungen so doch sehr viel schneller durchzuführen. "Bei ICANN kam man in den letzten Tagen ja oftmals nicht einmal mehr bis zum Registrierformular." Versuche zeigen, dass die Nutzer anschliessend ohne weiteres die E-Mail-Bestätigung der Organisation erhalten. Der Vorstoß von Comlink hat allerdings sehr unterschiedlichen Reaktionen ausgelöst. ICANNs Finanzchef Andrew McLaughlin, der auch für die Technik zur Aufnahme von Mitgliedern zuständig ist, warnte den Hannoveraner Provider per E-Mail, man werde keine Registrierugnen durch die Hintertür akzeptieren. "Er vermutet wohl, dass wir uns in die Datenbank eingehackt haben, aber das ist nicht so", erklärte Schulze.
McLaughlin kritisierte vor allem, dass diejenigen, die sich über die Comlink-Seite eintragen, nicht auf ICANNs Mitgliedschaftsbestimmungen hingewiesen würden. Schulze meint allerdings, dass die Alternativ-Registrierung vor allem von Leuten genutzt würden, die an ICANNs At-Large-Seite gescheitert sind. "Ich will aber noch heute einen Link auf die entsprechenden ICANN-Bestimmungen setzen." Ausserdem bemängelte ICANN, dass teilweise falsche Uhrzeiten auf den Anmeldungen verzeichnet seien, was laut Schulze mit dem Vorhandensein des php-Skriptes auf den Rechnern zusammenhängt. Dass ICANN sich wegen dieser Einschränkungen am Ende weigern könnte, die über Comlink vorgenommenen Registrierungen anzuerkennen, kann sich Schulze aber nicht vorstellen.
Die ICANN würde sich wohl auch viel Ärger einhandeln, wenn sie die Registrierungen über die Alternativ-Seite nicht akzeptierte – haben doch mehrere Bürgerrechtsorganisationen die Alternativ-Registrierung begrüßt. Die Association for Progressive Communications (APC), deren deutscher Vertreter Comlink ist, meldete bereits erfreut, dass ein Mitglied aus Uruguay sich erfolgreich registriert habe. Inzwischen haben andere APC-Landesorganisationen sprachspezifische Varianten der Seite aufgesetzt, allen voran Japan.
In einer Pressemeldung wandte sich Karen Higgs, Sprecherin der APC, in San Francisco nun mit der Frage an die ICANN: "Es hat Christian gerade mal zwei Stunden gekostet, den Leuten eine schnelle und effiziente Registrierseite zur Verfügung zu stellen. Warum konnte ICANN das nicht tun?" In einer E-Mail an Schulze hatte McLaughlin auf fehlende finanzielle Mittel und den unerwarteten Ansturm von Nutzern verwiesen. "Anbieter wie Yahoo oder Altavista beantworten stündlich Millionen von Anfragen, man hätte also von einer Organisation, die für die technische Infrastruktur des Internet zuständig ist, schon mehr erwartet." Der US-Journalist Tom Byfield spottete bereits früher, ICANN wickle die At-Large-Registrierung vermutlich über einen Gameboy ab. Schulze hofft nun, dass die ICANN die Registrierfrist, die eigentlich am morgigen Montag abläuft, angesichts der Schwierigkeiten noch einmal verlängert. (Monika Ermert) (jk)