Wirtschaftswissenschaftler: Green Card das falsche Rezept

Hartmut Schmeck von der Universität Karlsruhe fordert IT-Fachkräfte, die über den eigenen Tellerrand hinaus schauen können.

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Von
  • Holger Dambeck

Hartmut Schmeck, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Uni Karlsruhe, zweifelt am Nutzen der Green Card: "Sie kann den IT-Fachkräfte-Mangel nicht beheben. Die aktuelle Green-Card-Diskussion geht am Thema vorbei", sagte er. Die Industrie brauche nicht einfach nur Informatiker, sondern Absolventen mit Mehrfachqualifikation. Studiengänge dafür seien zum Beispiel Wirtschaftsingenieurwesen, Technische Volkswirtschaftslehre oder Informationswirtschaft.

Schmeck forderte den Staat auf, dafür zu sorgen, "dass wir nicht mit Informatikern aus Indien oder Russland überschwemmt werden, die wir kaum brauchen können". Es seien vielmehr Spezialisten gefragt, die über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes hinausschauen können. "Da können die deutschen Hochschulen sehr effektiv ausbilden, vorausgesetzt, sie haben ausreichende Studienplatz- und Lehrkapazität."

Schmeck bestritt nicht, dass es hierzulande an IT-Fachkräften mangele. Doch die deutschen Hochschulen könnten wesentlich mehr Studenten ausbilden. "Jedes Jahr verlassen 300 bis 350 Absolventen unsere Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, doch ein vielfaches davon müssen wir bei der Studienplatzvergabe für Wirtschaftsingenieure abweisen." Es fehle dafür schlicht an entsprechender Kapazität.

"Die öffentliche Hand muss endlich ihre Hausaufgaben machen, und nicht nur Green Cards nach dem Gießkannen-Prinzip verteilen", sagte Schmeck. In den ersten sechs Monaten seit dem Inkrafttreten der Green-Card-Verordnung am 1. August 2000 hatten die Arbeitsämter knapp 5.000 Anträge der Industrie bewilligt. In eine andere Richtung als die Forderungen des Karslruher Wissenschaftlers bewegt sich momentan die Diskussion in Politik und Wirtschaft: So forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder erst vor wenigen Tagen, die Green-Card-Regelung über die IT-Branche hinaus auszudehnen; der DIHT fordert darüber hinaus eine "moderne Einwanderungspolitik" gegen den Mangel an IT-Fachkräften. (hod)