Verzweifeln verboten ;-)

Wer seinem Unmut mit dem Emoticon :-( Luft macht, riskiert eine drakonische Strafe...

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Wer seinem Unmut mit dem Emoticon :-( Luft macht, riskiert eine drakonische Strafe: Missetäter müssen tausendmal von Hand schreiben: ":-( ist eingetragenes Warenzeichen der Despair, Inc.". Auch wenn das geforderte Strafmaß den satirischen Charakter der Aktion schon andeutet – die Wirklichkeit spottet jedweder Persiflage. Tatsächlich hat sich die Firma Despair im Jahr 1998 das Markenzeichen ":-(" – in Anlehnung an den Smiley ":-)" als Frowny ausgesprochen – beim US-Patentamt reservieren lassen. Und die Behörde hat dem Antrag im Mai 2000 tatsächlich stattgegeben.

In den vergangenen Monaten will Despair mit dem Carnivore-Überwachungssystem des FBI Massen unverschlüsselter E-Mails daraufhin gescannt haben, ob deren Absender illegalen Gebrauch von dem geschützten Markenzeichen gemacht haben. Jetzt hat das Unternehmen beim US-Bezirksgericht in Dallas beantragt, nicht weniger als sieben Millionen Internet-Nutzer individuell wegen der Markenrechtsverletzung anzuklagen.

Edward L. Kersten, Gründer der subversiven Firma Despair, begründete die Attacke augenzwinkernd mit seiner angeblichen Bewunderung für Jeff Bezos, den Gründer des Online-Buchladens Amazon: "Wieder einmal hat Jeff bewiesen, dass er ein wahrer Neuerer ist. Er hat wirklich eine neue Bewegung im Dot.Com-Universum inspiriert – frivole, zerstörerische Urheberrechts-Anwälte. Ich bin stolz, Teil dieser Revolution zu sein".

Bezos hatte heftige Kontroversen ausgelöst, als er sich 1999 das 1-Klick-Bestellsystem auf der Website seines Ladens patentrechtlich schützen ließ. Markenrechts-Experten sehen in dem Despair-Patent auffällige Parallelen, weil es ebenso wenig wie die Amazon-Errungenschaft die Vorraussetzung einer "einzigartigen, spezifischen und nicht-offensichtlichen" Erfindung erfüllt, aber dennoch dazu beitragen könnte, Innovationen im Web wirksam zum Erliegen zu bringen. (hps)