Die Schifffahrt lernt das Surfen

Internet-Startups machen sich mit der Gründung von Ladungsbörsen daran, den internationalen Seehandel in die digitale Welt zu führen.

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Von
  • Eckart Gienke
  • dpa

Der Seehandel gehört zu den ältesten Wirtschaftszweigen der Welt und hat nicht den Ruf, einer der modernsten zu sein. Jetzt beginnt die digitale Revolution damit, auch diese Branche umzukrempeln: Kleine Startup-Firmen wollen neu organisieren, wie Schiff und Ladung zueinander finden.

"Zukunft und Tradition wachsen zusammen", sagt Henning Stümer, Geschäftsführer der Hamburger Schule für Schifffahrt und Transport. "Die Entwicklung wird nicht zu stoppen sein und das Internet wird den gesamten Seehandel revolutionieren." Das hofft auch Markus Giesenkirchen, der gemeinsam mit zwei Partnern die GloMaP.com in Hamburg gegründet hat und seit Mai am Netz ist. "Unser System bietet allen Teilnehmern Vorteile", sagt Giesenkirchen. "Der Markt ist sehr groß und die Zuwachsraten sind enorm."

Bei GloMaP.com stellen registrierte Teilnehmer freien Frachtraum oder aber ihre Ladung ins Internet. Die Transportwirtschaft und die Reeder können über das Netz die Preise und alle übrigen Bestandteile eines Seefrachtvertrags aushandeln und abschließen. Das System eignet sich im Prinzip nicht nur für Container, sondern ebenso für alle Formen von Spezialladung wie Schüttgut, Stückgut, flüssige Ladung und Greifergut. "Für die verladende Wirtschaft bedeutet das Kostensenkungen, für die Reeder Zugang zu neuer Ladung und bessere Auslastung der Kapazitäten", sagt Giesenkirchen.

Das Hauptproblem von Newcomern wie GloMaP.com sind die seit Jahrzehnten und manchmal gar Jahrhunderten gewachsenen, feinen und engen Beziehungsgeflechte in der Schifffahrt; zwischen Reedern und Verladern, Schiffsagenten und Befrachtungsmaklern. "Das Beharrungsvermögen ist groß, aber die jungen Leute in der Branche sind ganz heiß auf das Internet", sagt Stümer. GloMaP.com will in einem ersten Schritt erst einmal die Chance des Internet in der Branche verdeutlichen. Nach Studien des Marktforschungsunternehmens Forrester Research können durch den Einsatz von E-Commerce in der Branche Fracht und Logistik die Kosten um 15 bis 20 Prozent sinken.

Danach sollen künftig mehr als 70 Prozent des Online-Handels über unabhängige E-Marktplätze abgewickelt werden. Folglich hat GloMaP.com bereits Konkurrenz in New York und anderen Stellen in der Welt, allerdings noch nicht in Deutschland. "Hamburg ist für uns der ideale Standort", sagt Giesenkirchen. Ein großer Teil der Welttonnage werde von Hamburg aus kontrolliert und die Kunden seien direkt ansprechbar. Spätestens im nächsten Jahr will das junge Unternehmen mit seinen 15 Mitarbeitern Büros in ganz Europa eröffnen und den Sprung nach Asien und in die USA wagen.

Auch für die großen Reedereien gewinnt das Internet an Bedeutung. "Datenverbindungen mit Kunden in aller Welt gehören bei Hapag-Lloyd seit langem zum Standard und werden kontinuierlich ausgebaut", sagt der Chef der Hamburger Linienreederei, Bernd Wrede. Hapag-Lloyd transportiert jährlich rund 1,5 Millionen Standardcontainer (TEU) und gehört der Grand Alliance an, dem größten Reederverbund der Welt. "Das Internet als neues Medium bietet vor allem die Möglichkeit, auch kleineren Kunden einen entsprechenden Service zu bieten." In wenigen Jahren, so schätzt Wrede, wird Hapag-Lloyd etwa die Hälfte seines Geschäftsvolumens über E-Commerce abwickeln.

Doch Firmen wie GloMaP.com müssen daran nicht unbedingt Teil haben. "Die neutralen Ladungsbörsen im Internet werden von Hapag- Lloyd interessiert beobachtet", sagt Wrede. "Bislang haben diese Unternehmen jedoch noch nicht bewiesen, dass sie genügend Volumen generieren können." (Eckart Gienke, dpa) (chr)