Websummit: Entsetzen in der Tech-Szene nach Trumps Sieg

Auf dem Websummit in Lissabon diskutiert die US-amerikanische Internet-Elite über Trump. Die Bürgerrechtlerin Cindy Cohn befürchtet Einschränkungen für "Freiheit und Sicherheit" im Internet, andere suchen nach Erklärungen für das Wahlergebnis.

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Websummit

Lange Gesichter beim Thema "US Election Fallout" auf dem Websummit.

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Christian Wölbert

Die US-amerikanische Tech-Szene formierte sich früh und eindeutig gegen Trump – umso größer ist nun das Entsetzen auf dem Websummit in Lissabon. Über 50.000 Teilnehmer aus fast 170 Ländern treffen sich auf der Internet-Konferenz, Millionen weitere schauen online zu. Auf den Bühnen dominieren aber die Referenten aus den USA.

Am Dienstag jubelte die Menge vor der Hauptbühne noch zuversichtlich, als Cisco-Chef John Chambers berichtete, dass er erstmals in seinem Leben für die Demokraten gestimmt habe. Großen Applaus bekam auch der MIT-Professor Andrew McAfee ("The Second Machine Age") für seine Bemerkung, dass "morgen hoffentlich kein Populist gewinnt".

Cindy Cohn, Bürgerrechtlerin und Chefin der Electronic Frontier Foundation, warnte am Dienstag im Gespräch mit heise online: "Alles, was wir von Mr. Trump gehört haben, spricht dafür, dass seine Politik viel schlimmer wird für Freiheit und Sicherheit im Internet als die Politik von Mr. Obama – und die war schon nicht gut."

Am Dienstag noch zuversichtlich: Cindy Cohn, Direktorin der Electronic Frontier Foundation

Zum Apple-vs-FBI-Fall hatte Trump zum Beispiel gesagt: "Sich vorzustellen, dass Apple uns nicht erlauben will, auf das Handy zuzugreifen – was glauben die denn, wer sie sind?" Cohn betonte, dass auch Hillary Clinton Hintertüren in Verschlüsselung "noch als Option betrachtet", im Vergleich zu Trump aber eindeutig zu bevorzugen sei.

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Am Mittwoch, nach Trumps Sieg, forderte der irische Websummit-Gründer Paddy Cosgrave die Menge auf, mit ihren Handys gegen die "dunkle Nacht" anzuleuchten. Auf dem Podium sollten anschließend die Schauspielerin und Aktivistin Shailene Woodley ("Snowden"), der Start-Up-Berater Bradley Tusk und der Guardian-Journalist Owen Jones die Wahl einordnen.

Alle drei gaben sich überrascht und entsetzt, fanden aber unterschiedliche Erklärungen für Trumps Sieg. Die US-Amerikanerin Woodley gab den Mainstream-Medien die Verantwortung: "Egal ob gute Presse oder schlechte Presse, Trump war immer in den Medien, und das war sein größter Vorteil." Der Brite Jones betonte hingegen die Rolle der Filterblasen in den Sozialen Medien.

Tusk, ebenfalls US-Bürger, meinte: Clinton habe wie Al Gore den Eindruck vermittelt, dass sie "die Präsidentschaft jetzt einfach verdient habe" – und diese Einstellung könnten die Amerikaner einfach nicht leiden. Die Demokraten hätten zwar die perfekte Social-Media-Marketing-Maschine aufgebaut, Trumps Botschaft sei aber besser angekommen. (cwo)