Datenschützer kritisieren "rechtswidrige Speicherungen" in Rauschgiftdatei

In der Verbunddatei von Landeskriminalämter und BKA über Rauschgiftdelikte seien zahlreiche rechtswidrige Einträge, die gelöscht werden müssten, hat eine gemeinsame Untersuchung der Datenschutzaufsicht von Bund und Ländern ergeben.

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Computerkriminalität

(Bild: dpa, Jens Büttner)

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  • dpa

In einer gemeinsamen Untersuchung der polizeilichen Rauschgiftdatei haben die Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern erhebliche Mängel an der Speicherpraxis der Polizei festgestellt. Vielfach hätten die Behörden nicht ausreichend geprüft, ob überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Speicherung personenbezogener Daten vorlägen, heißt es in einer Erklärung (PDF), welche auf der am Donnerstag zu Ende gegangenen Konferenz der Datenschutzbeauftragten verabschiedet wurde. Die Rauschgiftdatei enthielt im Jahr 2015 Informationen zu vermeintlichen Drogendelikten von rund 680.000 Personen.

Verbreitet fehle es jedoch an einer nachvollziehbaren Dokumentation des Vorliegens der gesetzlichen Speicherungsvoraussetzungen. So fänden sich in der Datei zahlreiche Einträge, die dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen seien und folglich gar nicht erfasst werden dürften, heißt es in der Erklärung. Ebenso seien Personen erfasst worden, bei denen kein ein hinreichender polizeilicher Restverdacht festzustellen war.

In der Datei dürfen laut dem BKA-Gesetz nur Straftaten von länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung erfasst werden. Zusätzlich bedarf es einer begründeten Prognose, dass gegen die gespeicherte Person ein Strafverfahren durchgeführt werden muss.

Bei ihren Prüfungen fanden die Datenschützer aber Einträge zu Bagatellfällen. In einer Mitteilung listet die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Andrea Voßhoff (CDU) einige Beispiele rechtswidrig erfasster Bagatellen auf. So hätte oft schon das Rauchen eines Joints zu einem Eintrag geführt. Auch die Daten des Gastgebers einer Privatparty seien gespeichert worden, in dessen Toilette Gäste Drogen konsumiert hatten. Ein Apotheker wurde registriert, nachdem ein Kunde rezeptpflichtige Medikamente gestohlen hatte.

Weiterhin beanstanden die Beauftragten, dass häufig nicht überprüft werde, ob Daten nach Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen wieder gelöscht werden müssten. Häufig fehlten die dafür notwendigen Rückmeldungen der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Andrea Voßhoff verweist Betroffene von rechtswidrigen Speicherungen auf den mühsamen Klageweg.

(Bild: dpa)

Voßhoff wies auch auf umfangreiche Auskunftspflichten der Polizei gegenüber Betroffen hin. „Jeder hat das Recht auf Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, unabhängig von Alter, Wohnsitz und Nationalität“, sagte Voßhoff laut Nachrichtenagentur dpa nach der Konferenz. Dazu gehörten auch Angaben darüber, warum die Daten gespeichert wurden, woher sie stammen und an wen sie weitergegeben werden. Allerdings könnte die Polizei die Auskunft aber auch verweigern, wenn sie ansonsten ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen könne, etwa bei laufenden Ermittlungen, erklärte Voßhoff weiter.

Falls Betroffene befürchten, in ungerechtfertigter Weise in der Falldatei Rauschgift oder anderen Dateien zu stehen, könnten sie sich an die zuständige Datenschutzbehörde wenden. Die Landeskriminalämter würden von den Datenschutzbeauftragen kontrolliert. Die Datenschützer hätten allerdings kein Weisungsrecht gegenüber Bundesbehörden und könnten die Datenlöschung nicht anordnen. Sie könnten dies auch nicht einklagen, das könnten nur die Betroffenen selbst, sagte Voßhoff. Eine Klage auf Auskunft oder Löschung personenbezogener Daten vor einem Verwaltungsgericht kostet allerdings bereits in der ersten Instanz 438 Euro an Gerichtsgebühren, die der Betroffene vorzustrecken hat. Das Verfahren zieht sich dann meist über ein gutes Jahr hin –- mit ungewissem Ausgang. Eine wirksame Kontrolle solcher Rechtsverstöße durch die Gerichte müssen die Behörden deshalb kaum fürchten. (tig)