FlatCam: Flexible Mini-Kamera ohne Objektiv und Sucher

Die Miniaturisierung schreitet auch in der Kameraentwicklung mit schnellen Schritten voran. In der FlatCam soll eine Maske die Aufgabe des (sperrigen) Objektivs übernehmen.

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Von
  • Andreas Th. Fischer

Ein Forscherteam der texanischen Rice University will die Kameraentwicklung mit seiner winzigen FlatCam revolutionieren. Anders als herkömmliche Kameras funktioniert die FlatCam ohne ein Objektiv. Dadurch lässt sie sich günstiger und deutlich kleiner und flacher als bisherige Mini-Kameras bauen, wie sie etwa in Smartphones verwendet werden. Eine Maske ersetzt bei der FlatCam das Objektiv. Die Verarbeitung der Rohdaten und die spätere Fokussierung der Aufnahmen übernimmt ein Computer.

Erste Aufnahmen der FlatCam sind noch sehr unscharf.

(Bild: Rice University, Youtube)

"Wir haben die vergangenen Jahrhunderte damit verbracht, ein Kameradesign zu perfektionieren, das aus einem Sensor und einem Objektiv besteht", sagt Richard Baraniuk, Professor of Electrical and Computer Engineering an der Rice University. „Dieses Konzept wollen wir radikal verändern.” Baraniuk und sein Team entwickeln eine neue Art von Kameras, die nicht nur sehr flach, sondern auch äußerst flexibel sein sollen. „Dadurch können sie in Anwendungen genutzt werden, die mit Kameras, die mit Objektiven ausgestattet sind, nicht möglich sind”, so Baraniuk.

In einem Youtube-Video (s.u.) demonstrieren Baraniuk und sein Kollege Ashok Veeraraghavan, Assistent Professor of Electrical and Computer Engineering an der Rice University, die von ihnen entwickelte FlatCam. Über dem Sensor befindet sich eine dünne Maske, die das Bild aufnimmt. Die Daten werden dann über ein Kabel an einen Computer übertragen, wo sie durch einen Algorithmus wieder zusammengesetzt werden. Veeraraghavan: "Der Computer übernimmt also die Aufgabe, das Bild zu fokussieren und zu rekonstruieren." Eine spätere Fokussierung der Aufnahmen ermöglichen auch Lichtfeldkameras wie die kleine Lytro.

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Im Prinzip funktioniere eine FlatCam wie eine Lochkamera. Die verwendete Maske enthalte aber deutlich mehr Löcher, die wie in einem Gitter angeordnet sind. Der direkt dahinter liegende Sensor nimmt das durchfallende Licht auf und sendet die Rohdaten dann an den angeschlossenen Computer, wo sie weiterverarbeitet werden. Anders als traditionelle Kameras hat die FlatCam nicht nur kein Objektiv, sondern auch keinen Sucher. Das sei auch nicht geplant. Es sei aber gut möglich, dass der Bildschirm eines Smartphones in Zukunft als Sucher dienen kann.

Die Qualität der mit einer FlatCam aufgenommen Bilder und Videos ist allerdings bislang noch nicht sehr hoch. Jede Webcam liefert bessere Ergebnisse. Aber das ist beispielsweise beim Internet der Dinge auch nicht unbedingt nötig. Nach Informationen der SüddeutschenZeitung könne die FlatCam zum Beispiel dazu eingesetzt werden, automatisch Lagerbestände zu kontrollieren. Dies sei zwar heute auch bereits mit anderen Techniken möglich. Wenn die FlatCam aber erst mal in Serie gehe, dann zu deutlich niedrigeren Kosten. Man kann sie laut Baraniuk so günstig wie Mikrochips herstellen. Traditionelle Fotografie mit Kameras und Objektiven werde die FlatCam aber nicht ersetzen. Da sei man realistisch.

Richard Baraniuk, Professor of Electrical and Computer Engineering an der Rice University, Texas: "FlatCams können in Anwendungen genutzt werden, die mit Kameras, die mit Objektiven ausgestattet sind, nicht möglich sind."

(Bild: Rice University, Youtube)

Die Wissenschaftler haben ein PDF auf der Webseite der Cornell University Library veröffentlicht, in dem sie ihre Arbeit ausführlich beschreiben. Zuletzt wurde es Ende Januar dieses Jahres aktualisiert. Seitdem ist es etwas stiller um das ehrgeizige Projekt geworden. Baraniuk weist aber darauf hin, dass man sich noch in einem frühen Stadium befinde und noch viel Arbeit vor ihnen liege, um ihre Technik zu perfektionieren. Seiner Ansicht nach eignet sich die FlatCam vor allem für industrielle und medizinische Zwecke. "Wir können damit extrem flache Kameras herstellen, die gekrümmt oder sogar beweglich sind und mit denen Aufnahmen gemacht werden können, die mit einem Objektiv nicht möglich sind”, so Baraniuk.

Einsatzmöglichkeiten für diese Art von Kameras gibt es viele. So spekuliert die Süddeutsche Zeitung bereits über eine Verwendung als winzige Überwachungskameras, um Einbrecher zu überführen, oder eingenäht in die Dienstkleidung von Polizisten, um "mehr Transparenz über deren Einsätze" zu erhalten. Laut Baraniuk könnte man sie auch in Kreditkarten, ultradünnen Tablets oder sogar in Tapeten einbauen. Wie man es auch dreht und wendet, neugierige Kameras werden wohl immer allgegenwärtiger werden. (keh)