T-Online versucht sich als Internet-Medienhaus

T-Online will seine Kundenbeziehungen "stärker monetarisieren".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 45 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Richard Sietmann

Im Vorfeld der Bilanzpressekonferenz am 29. März erläuterte der neue T-Online-Chef Thomas Holtrop am heutigen Dienstag in Berlin seine Strategie, wie er die rote Zahlen schreibende Tochter des rosa Riesen aus dem Tal der Tränen führen will.

"Wir sind hervorragend aufgestellt – in einem Markt, der momentan sehr schwierig ist", übte sich Thomas Holtrop, seit Januar T-Online Vorstandsvorsitzender, in Zuversicht. Seine Strategie lautet: Weg vom "Wachstum um jeden Preis", hin zur Profitablität, und das bedeutet die Erschließung neuer Einnahmequellen. O-Ton Holtrop: "Es gilt, unsere Kundenbeziehungen stärker als bisher zu monetarisieren", also "in Mark und Pfennig umzumünzen". Deshalb werde T-Online "seine Werbevermarktungs-Strategie aggressiver ausrichten". Gedacht ist an neue Werbeformen, etwa dem Sponsoring von Inhalten oder Split-Screen-Darstellungen am Bildschirm.

Damit die Kunden dabei mitziehen und das gesteckte Ziel erreicht wird, den Anteil des Portal-Umsatzes von derzeit 14 bis zum Jahre 2004 auf über 30 Prozent zu steigern, gehört dem Ausbau des Content-Geschäftes die erste Priorität. Bei der Ausrichtung auf ein Internet-Medienhaus wolle man sich allerdings nicht an einen einzigen Partner binden. "Es gibt mannigfaltige Kontakte", und auch die Kirch-Gruppe sei nur ein Gesprächspartner unter vielen, trat Holtrop Spekulationen über eine Beteiligung des Münchner Medienzaren an dem Unternehmen entgegen. "AOL TimeWarner ist nicht das Modell, das wir anstreben", betonte er.

Stattdessen will die Telekomtochter "eigene Format- und Programmkompetenz" für Unterhaltungsangebote entwickeln. Ein Beispiel ist "Follow Your Stars", ein Format, in das nach eigenen Angaben ein sechs- bis siebenstelliger DM-Betrag investiert wurde und das im Mai lanciert werden soll: Sternchen der Unterhaltungs- und Sportbranche werden über mehrere Tage hinweg von einer Kamera begleitet und die Fangemeinde kann in Echtzeit am Leben ihres Idols teilhaben – die Lieblingsband eine Woche lang verfolgen, dem Torjäger beim Training auf die Füße schauen oder die Serienheldin im Urlaubsalltag aus nächster Nähe erleben. Ein ähnliches Format für eine recht spezielle Zielgruppe, das die Nutzer demnächst auf den T-Online-Seiten finden werden, ist "OnlineCaroline": Hier sollen die Surfer eine junge Frau nicht nur in ihrem täglichen Leben begleiten, sondern auch aktiv mit ihr in Kontakt treten können, etwa per E-Mail zur Abstimmung über die Wahl des Restaurants für den Abend.

Dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führt, versuchte Holtrop mit Zahlen zu der bereits im Herbst gestarteten Content-Offensive zu belegen. Angebote wie "Websoap" oder das Olympia-Special seien von den Nutzern hervorragend angenommen worden. Die Page-Impressions auf der deutschen Portalsite www.t-online.de hätten sich von 139 Millionen im Januar 2000 auf 380 Millionen im Januar 2001 nahezu verdreifacht und die Verweildauer sei von 15 auf 33 Minuten pro Nutzer und Monat gestiegen – die Surfer besuchten das Portal also nicht nur häufiger, sondern blieben auch länger dort, was den Umsätzen im E-Commerce und mit der Online-Werbung zugute komme.

Nach dem Vorbild des Branchenzweiten AOL will T-Online zur CeBIT ebenfalls einen Instant-Messenger-Dienst starten. Bei der Konkurrenz indes stieß das angekündigte "Produktfeuerwerk" bereits auf milden Spott. "Wir freuen uns", lies AOL-Sprecher Jens Nordlohne in einer ersten Reaktion nicht gerade eingeschüchtert verlauten, "dass auch T-Online nun erkannt hat, dass die Zukunft der Internet-Provider im Anbieten attraktiven Contents liegt." (Richard Sietmann) / (axv)