Segregated Witness: Protokolländerung soll den Bitcoin leistungsfähiger machen

Seit langem diskutiert die Bitcoin-Community, wie das Bitcoinnetzwerk schneller mehr Transaktionen verarbeiten könnte. Ein Lösungsvorschlag des Kern-Entwicklerteams soll dabei helfen - sofern die Mehrheit der Bitcoiner-Miner ihn akzeptiert.

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Bitcoin

(Bild: dpa, Jens Kalaene)

Lesezeit: 3 Min.

Die Bitcoin-Community ist aktuell gefordert, über eine Änderung des Protokolls der Kryptowährung abzustimmen. Die "Segregated Witness“ genannte Änderung soll zur Lösung der heftig umstrittenen Fragen beitragen, wie in den Datenblöcken der verteilten Buchhaltungsdatei Blockchain mehr Transaktionen verarbeitet werden können, um so das System leistungsfähiger zu machen.

Wenn 95 Prozent der Bitcoin-Miner über einen Zeitraum von rund zwei Wochen (2016 Blöcke in der Blockchain) hinweg Zustimmung signalisieren, soll die Änderung in Kraft treten und binnen weiterer zwei Wochen scharf geschaltet werden. Die für die Zustimmung nötigen Aktivierungsparameter sind in der Version 0.13.1 des Referenzclients Core implementiert. Zustimmung wird durch einen modifizierten Header in dem Block angezeigt, den der Miner erzeugt hat. Dieses Abstimmungsverfahren mag umständlich anmuten, eine fundamentale Protokoll-Änderung lässt sich aber in einem dezentral organisierten System wie dem Bitcoin nicht "von oben herab" diktieren. Ein Mehrheitskonsens ist nötig.

Die Größe der Datenblöcke in der Blockchain ist im Bitcoin auf 1 Megabyte festgesetzt – und mit der Änderung soll an dieser Grenze auch nicht gerüttelt werden. Vielmehr sollen die unter das Limit fallenden Transaktionsdaten mit Segregated Witness verschlankt werden. Die kryptografischen Signaturen, die belegen, dass eine Transaktion korrekt mit einem privaten Schlüssel unterzeichnet wurde, werden dafür separiert. Statt sie wie bisher im Block bei den Datenfeldern der jeweiligen Transaktion abzulegen, werden sie in einer Baumstruktur aus Hashwerten erfasst (Merkle Tree) und in dieser Form in einem Bereich eingetragen, der nicht zur Größenermittlung des Datenblocks herangezogen wird.

Schätzungen des Kern-Entwicklerteams nach könnten so bis zu 70 Prozent mehr Transaktionen in einem Block untergebracht werden. Abgesehen davon soll dieses neue Verfahren der separaten Signatur-Speicherung auch verschiedene Sicherheitsvorteile mit sich bringen.

Die Änderung soll als sogenannter Soft Fork stattfinden, also auch mit älteren Clients verträglich sein. Ein Hard Fork würde diese Abwärtskompabilität ausschließen, so dass nicht mitziehende Nutzer ausgesperrt würden. Eine direkte Erhöhung der Blockgröße hätte wohl dieses harte Vorgehen nötig gemacht – das Team der Kernentwickler wollte jedoch genau das vermeiden. Daher die Entscheidung für die indirekte Kapazitätserweiterung.

Von zahlreichen Akteuren wurde der Vorschlag als nicht nachhaltig und viel zu konservativ kritisiert. Insbesondere einige der sich immer mehr in China konzentrierenden und auf Rechenzentrumslevel agierenden Bitcoin-Miner sprachen sich zunächst dagegen aus. Der Entwickler Mike Hearn erklärte wegen des Streits gar seinen Ausstieg aus dem Bitcoin. Hearns Alternativvorschlag Bitcoin XL ebenso wie das danach vorgelegte Bitcoin Classic, die beide erhöhte Blockgrößen vorsahen, fanden aber keine breite Zustimmung.

Aktuell hat bereits der chinesische Miningpool ViaBTC in einem Interview mit dem Bitcoin Magazine Widerstand gegen Segregated Witness angekündigt. Man favorisiere den Alternativvorschlag Bitcoin Unlimited, der eine flexible Blockgröße mit sich bringen soll. Über den aktuellen Stand der Zustimmung kann man sich auf einer eigens eingerichteten Website informieren.

Bis zum 15. November 2017 muss sich die Mehrheit für Segregated Witness gefunden haben, danach kann es sich nicht mehr aktivieren. Ob sich der Vorschlag durchsetzt, bleibt abzuwarten – insbesondere auch, ob die Community damit ein Ende der Selbstzerfleischungstendenz erreicht. (axk)