Eine Zeitung darf es auch nur im Internet geben

Eine Tageszeitung kann auch eine reine Internet-Publikation sein, wenn eine Redaktion die Beiträge bearbeitet, entschied das Oberlandesgericht Köln.

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Von
  • Jürgen Kuri

Vor zwei Jahren versuchte die regionale Tageszeitung Aachener Zeitung gerichtlich gegen die ebenfalls auf den regionalen Markt ausgerichtete Internetzeitung RegioBlick vorzugehen, weil diese sich "Die Zeitung im Netz" nannte. Die Internet-Zeitung hatte damit geworben, die "erste regionale Tageszeitungs-Neugründung Deutschlands seit mehr als 20 Jahren" zu sein. Die Aachener Zeitung klagte wegen eines sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteils, weil RegioBlick gar keine Zeitung sei.

Tatsächlich gibt es RegioBlick nur im Internet. Und die Zeitung unterscheidet sich darin von anderen Blättern, dass sie zwar feste Mitarbeiter, eine "virtuelle Redaktion" und einen Redaktionsleiter hat, aber alle Menschen auffordert, über das, was um sie herum passiert, zu berichten. Die Aachener Zeitung behauptete, RegioBlick sei keine Zeitung, wie das die Menschen erwarten. Für eine Internetpublikation sei diese Bezeichnung irreführend, da sie einzig für ein "verkörpertes Medium" reserviert sei, sprich: für ein Printmedium wie die Aachener Zeitung. Überdies handele es sich auch in der Sache nicht um eine Zeitung, weil es weder eine Redaktion noch eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge gebe. RegioBlick sei ein bloßes Diskussionsforum oder ein Informationsdienst.

Die Klage wurde vom zuständigen Landgericht im Januar 2000 abgewiesen, weil das Publikum, auf das die Werbung "Zeitung im Netz" gerichtet sei, "bereits in irgendeiner Beziehung zum Internet" stehe und daher nicht annehme, dass es sich dabei um ein Printmedium handelt. Damit aber war die Klägerin nicht zufrieden, weil das Gericht fälschlicherweise (im Januar 2000...) unterstellt habe, dass die Mehrzahl der Menschen schon vom Netz oder Internet gehört habe. Das könne man nur von einer Minderheit erwarten.

Aber auch das Oberlandesgericht Köln meinte in der Entscheidung, die am 8. Dezember in einer mündlichen Verhandlung getroffen und jetzt veröffentlicht wurde, dass der breiten Bevölkerung der Begriff Internet und seine Bedeutung nicht so gänzlich unbekannt sei. Deshalb könne die Allgemeinheit durchaus verstehen, dass mit "Zeitung im Internet" kein Printmedium gemeint sei und der Begriff Zeitung auch "im übertragenen Sinn zur Kennzeichnung eines 'körperlosen' Mediums gebraucht" werden könne.

Was die redaktionelle Bearbeitung angeht, so gehe das Publikum allerdings tatsächlich davon aus, dass eine Zeitung eine Veröffentlichung ist, deren Beiträge von einer Redaktion gesichtet und bearbeitet werden. Auf Grund der – laut Gericht – glaubhaften Schilderung eines Zeugen, der seit 1999 bei RegioBlick angestellt ist, gebe es aber eine redaktionelle Bearbeitung der eingereichten Beiträge. Ein "Chef vom Dienst" entscheide, ob ein Artikel erscheinen dürfe oder überarbeitet werden müsse und stelle die Artikel der aktuellen Ausgabe zusammen.

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