x86-Emulator für Windows 10 Mobile: Desktop-Anwendungen auf Smartphones

Ende 2017 soll eine Windows-Version erscheinen, die auf den ARM-Prozessoren von Smartphones läuft und das Ausführen von x86-Anwendungen in einem Emulator erlaubt. So lautet ein Gerücht – das auch mit Intels Ausstieg aus den Smartphone-SoCs zu tun hat.

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x86-Emulator für Windows 10 Mobile: Desktop-Anwendungen auf Smartphones
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Microsoft arbeitet an einem x86-Emulator, der unter der ARM64-Version von Windows 10 läuft und mit dem im Herbst 2017 erwarteten Update Redstone 3 erscheinen soll, so lautet ein Gerücht auf ZDNet. Der Emulator soll hauptsächlich dem Zweck dienen, auf Smartphones mit Windows 10 Mobile herkömmliche Windows-Anwendungen laufen zu lassen, und zwar im Desktop-Modus Continuum, bei dem Monitor, Maus und Tastatur ans Smartphone angeschlossen sind. Dass dieser Emulator überhaupt notwendig ist, folgt aus Intels Ankündigung vom Mai, keine Smartphone-Prozessoren mehr zu bauen – denn bis dahin wäre einfach ein Windows-Phone mit x86-Prozessor die elegantere Lösung gewesen.

Twitter-User @h0x0d postet einen Screenshot mit Hinweis auf "CHPE" als Name für den "x86-on-ARM64"-Emulator

(Bild: Twitter)

Continuum gilt als einer der wenigen Vorteile von Windows 10 Mobile gegenüber Android und iOS: Das Smartphone dient so als kompletter – wenn auch lahmer – Ersatz für einen PC; alle Daten können bei Bedarf lokal auf dem Telefon gespeichert sein, sodass kein Cloudzugriff oder überhaupt Internetzugang erforderlich ist. HP hat sogar eine portable Lösung: Für das Windows-Phone Elite X3 gibt es so eine Continuum-Dockingstation im Notebook-Format, also mit eingebautem Display und Tastatur.

Das funktioniert bislang allerdings nur mit den sogenannten Universal Apps für die Universal Windows Platform (UWP), also Anwendungen, die für den Smartphone- und Desktop-Betrieb ausgelegt sind; bestes Beispiel ist Microsofts Office. Reine Desktop-Anwendungen laufen alleine schon deswegen nicht, weil sie für x86-Prozessoren kompilierten Code enthalten.

So ein Emulator würde also Anwendungen lauffähig machen, für die es technisch oder wirtschaftlich nicht möglich ist, sie in eine moderne Universal App umzuwandeln – beziehungsweise als solche neu zu schreiben, worauf es oft hinauslaufen dürfte. Einen Weg zur Einbindung der x86-Programme in den Windows Store hat Microsoft zwar inzwischen geschaffen, aber der löst nicht das Problem der inkompatiblen Maschinencodes.

Die Zielgruppe dürften in erster Linie Unternehmen sein, die zum einen auf solche x86-Software angewiesen sind und zum anderen aus dem Einsatz von Continuum-Smartphones gegenüber normalen Notebooks einen wesentlichen Vorteil ziehen.

Eine weitere Zielgruppe könnten Tablets mit Windows 10 (Mobile) sein – eine Art Nachfolger des alten Surface (ohne Pro, mit ARM-Prozessor) ohne die Einschränkungen durch Windows RT. Doch hier gibt es wenig Gründe, einen ARM- statt x86-Prozessor einzusetzen, wie die zahlreichen auch billigen Tablets mit Intels Atom-Prozessoren zeigen.

Eine kleine Nische könnten Tablets mit mehr als 4 GByte Arbeitsspeicher sein. Sie benötigen einen 64-Bit-Prozessor und eine 64-Bit-Version von Windows. Bei Microsoft finden sich mehrere Hinweise auf eine Windows-Version für ARM64, nicht aber für eine x86-64-Version von Windows 10 Mobile. Nur die Desktop-Version unterstützt die 64-Bit-Intels. Allerdings ist das insofern wenig schlüssig, als dass die aktuellen Windows-Tablets gar nicht die Mobile-Version nutzen, sondern die Desktop-Version. Somit sind diese Tablets schon jetzt uneingeschränkt 64-Bit- und x86-tauglich.

In Zukunft könnte so ein Emulator auch für Notebooks und Desktop-PCs interessant sein. Er würde Geräte mit ARM-Prozessor attraktiver erscheinen lassen, ähnlich wie es jetzt bei Chromebooks auch (zumindest technisch) egal ist, ob sie mit ARM- oder x86-Prozessor laufen. Ende 2017 soll der Emulator kommen, als nächstes großes Update nach dem im Frühjahr erwarteten Redstone 2. Danach erst dürften die Hersteller allerfrühestens ARM-Geräte bringen, wenn überhaupt, denn der Vorteil ist gering.

Also dürfte die Hauptzielgruppe des Emulators Smartphones sein. Theoretisch würden die Anwendungen vielleicht im Smartphone-Modus laufen können, aber sie währen ohne Maus und Tastatur kaum bedienbar und auf dem Mini-Display nicht sinnvoll nutzbar. Also der Continuum-Modus. Welche Art von Windows-Anwendungen wie schnell und wie gut laufen würde, ist noch völlig unklar. Win32-Anwendungen oder auch ältere 16-Bit-Programme oder gar DOS-Software? Welche Hardware wird wie gut emuliert? Wie performant ist beispielsweise die Grafikausgabe? Ja und überhaupt, das A20-Gate? (jow)