Yi M1: Micro-Four-Thirds-Spiegellose aus Shanghai

Mit der M1 bereitet der Action Cam Hersteller Yi Technology derzeit den europäischen Markteintritt für seine erste spiegellose MFT-Systemkamera vor. Mit der M1 erreicht Yi durchaus einen Achtungserfolg, auch wenn noch ein paar Wünsche offen bleiben.

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Von
  • Dr. Christoph Jehle
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Auf der Photokina 2016 erstmals präsentiert, wird die spiegellose Systemkamera M1 des chinesischen Herstellers Yi Technology (Xiaoyi) derzeit interessierten Händlern und Handelskooperationen vorgestellt. In Deutschland soll sie in Kürze erhältlich sein. c‘t Fotografie Online hatte die Gelegenheit, sich die Kamera mit Micro-Four-Thirds-Bajonett (MFT) näher anzusehen.

Bei den derzeit schon verfügbaren Modellen handelt es sich um Versionen, die für den chinesischen Markt produziert wurden und die deshalb keine deutsche Firmware enthalten. Lediglich die Bedienungsanleitung wurde ins Deutsche übertragen. Daher muss ein ausführlicher Test der Kamera noch warten.

Die Kamera soll in Deutschland in zwei unterschiedlichen Sets ausgeliefert werden: Zusammen mit dem 3,5-5,6/12-40 Objektiv soll die Yi M1 knapp 600 Euro kosten. Soll es zum Zoom noch eine lichtstarke Festbrennweite (1,8/42,5 mm) sein, werden knapp 800 Euro fällig. Weder die Objektive noch das Kameragehäuse werden bislang einzeln angeboten. Die M1 soll mit allen Objektiven von Olympus und Panasonic kompatibel sein.

Das Kameragehäuse der M1 ist nicht aus Metall gefertigt, sondern aus Arnitel, einem Kunststoff des niederländischen Herstellers DSM. Dadurch konnte das Gehäuse-Gewicht auf 280 Gramm reduziert werden. Auch die ebenfalls mit Fassungen aus Kunststoff ausgestatteten Objektive sind Leichtgewichte. Das 1,8/42,5 mm wiegt 186,4 Gramm und das 3,5-5,6/12-40 132,6 Gramm.

Die Yi M1 in silberner Ausführung auf der Photokina 2016.

(Bild: Christoph Jehle)

Die Kamera wird für Yi Technology von einem Auftragsfertiger in Indonesien hergestellt. Die Objektive kommen aus der chinesischen Fertigung der Sony-Beteiligung Tamron. Tamron betreibt unter dem Namen Optical Foshan Co. Ltd. in der chinesischen Provinz Guangdong eine vollstufige Objektivproduktion.

Der in der M1 eingebaute IMX269-Sensor von Sony ist das aktuelle 20 Megapixel-MFT-Sensor-Modell von Sony und wird auch in der Panasonic Lumix DMC-GTX8 sowie der der Olympus Pen-F eingesetzt. Welcher Prozessor für die interne Bildverarbeitung in der M1 genutzt wird, geht aus den vorliegenden Informationen nicht hervor.

Die M1 kann sowohl JPEG als auch Raw abspeichern, jedoch anders als die meisten Konkurrenten nicht gleichzeitig. Eine im Raw-Format gespeicherte Aufnahme kann in der Kamera in ein JPEG umgewandelt werden. Es handelt sich bei dieser Option jedoch um den gleichen Prozess, der standard-mäßig abläuft, wenn die Bilder direkt als JPEG gespeichert werden. Individuell können die Raws in der Kamera nicht bearbeitet werden.

Yi Technology stellt besonders die kommunikativen Fähigkeiten der Kamera heraus: Für die Bildübertragung bietet die M1 sowohl Bluetooth Low Energy (BLE) als auch WLAN an. Nach Auskunft des Herstellers erfolgt die Übertragung via Bluetooth mit einer Geschwindigkeit von 1 MB/Sekunde. Nutzt man die volle 20 MP-Auflösung des Sensors, sind die Bilddateien acht bis zehn Megabyte groß und benötigen somit jeweils acht bis zehn Sekunden für die Übertragung. Die Fernbedienung der Kamera über Smartphone wird mit der derzeitigen Firmware noch nicht unterstützt. Diese Funktion soll über ein Update des Betriebssystems realisiert werden

BLE wird mittlerweile auch von anderen Kameraherstellern für eine permanente Verbindung zwischen Kamera und Smartphone genutzt. Nikon beispielsweise integriert diese Technik in Form von SnapBridge in etliche Kompakt- sowie Spiegelreflexkameras. Allerdings verwehrt Nikon bei Geräten wie der D3400, die ausschließlich mit BLE und ohne zusätzliches WLAN arbeiten, Bilder in Originalgröße zu übertragen. Auch die Fernsteuerung übers Smartphone ist nicht möglich.

Spielen in einer Preisklasse: Die Yi M1 und die Olympus E-PL8. Beide Micro-Four-Thirds-Kameras wurden auf der Photokina 2016 vorgestellt.

(Bild: Olympus)

Der proprietäre Kamera-Akku soll für 450 Bilder ausreichen (nach CIPA-Standard). Er lässt sich über die eingebaute USB-Buchse in der Kamera aufladen. Leider ist ein Ladegerät ist nicht beigepackt, sondern muss zusätzlich erworben werde. Ärgerlich ist zudem, dass auch die Sonnenblenden zu den beiden Objektiven gesondert erworben werden müssen.

Verzichten müssen Fotografen zudem auf einen elektronischen Sucher. Dieser ist allerdings in der Preisklasse der M1 auch nicht üblich. Anders sieht es beim Display aus, das starr verbaut ist. Direkte Konkurrenten wie die Olympus E-PL8 oder die Panasonic GF7 bieten einen klappbaren rückseitigen Monitor – ebenfalls mit Touchfunktion. Außerdem bietet die Spiegellose aus Shanghai anders als etwa Olympus keine Bildstabilisierung. Auch die beiden vorgestellten M1-Objektive sind nicht stabilisiert. Außerdem gibt es beim Autofokus noch Optimierungsbedarf. So bietet die Kamera zwar eine Gesichtserkennung, jedoch kein AF-Tracking.

Die Kamera wird in der chinesisch/englischen Version über mehrere Händler online angeboten. Dabei wird ein Preis von unter 400 Euro aufgerufen. Dazu kommen dann noch Transport und Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent. Dafür erhält man jedoch nur eine Kamera ohne deutsche Menuführung und ohne deutschen Service. Eine grau importierte Kamera kann auch im Zoll hängen bleiben, wenn nicht alle Zertifikate in englischer Sprache beigepackt sind.

Ein chinesischer Hersteller namens Yi Technology, der in China unter dem dort durchaus geläufigen Namen Xaoyi (kleine Ameise) für seine Security- und Action-Cams sowie seine Nähe zum Smartphone-Hersteller Xiaomi bekannt ist, hat in Deutschland nicht die besten Startbedingungen. Da der Markt mit MFT-Kameras von Panasonic und Olympus inzwischen auch schon ziemlich dicht besetzt ist, fällt es schwer, die passende Lücke für einen Neueinsteiger zu finden. Dennoch ist dem Hersteller mit seinem Erstling M1 zumindest ein Achtungserfolg gelungen, der gespannt macht auf die weitere Entwicklung. (ssi)