Glasfaserausbau: Weg mit dem "bescheuerten Förderprogramm"

Einig sind sie sich inzwischen, die Vertreter von Wirtschaft und Politik: Das mit dem Glasfaserausbau müssen wir irgendwie hinkriegen. Nur über das "wie" wird weiter leidenschaftlich gestritten. Auch auf dem Jahreskongress des Breko in Berlin.

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Glasfaserausbau: Weg mit dem "bescheuerten Förderprogramm"

Lebhafte Debatte: Domscheit-Berg, Dörmann, Jarzombek, Moderatorin Andrea Weißenfeld, Schmidt, Kluge, Rößner.

(Bild: Breko/Henning Hattendorf)

Lesezeit: 3 Min.
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"Wir haben den Wahlkampf eröffnet", sagt Breko-Chef Stephan Albers zum Abschluss der Jahrestagung des Netzbetreiberverbands am Donnerstag in Berlin. Und wenn der Wahlkampf für die Bundestagswahl im kommenden Herbst so leidenschaftlich geführt wird wie die Debatte um den Breitbandausbau, steht uns ein aufregendes Jahr bevor.

Inzwischen sind sich Politik und Wirtschaft immerhin darin einig, dass es beim Breitbandausbau um mehr geht als den entlegensten Eifelbauernhof mit ein paar Mbit/s anzubinden. Es geht um den Aufbau einer zukunftsfähigen Infrastruktur, mit der die Herausforderungen der Digitalisierung von immer mehr Lebensbereichen bewältigt werden können.

Nur über das "wie" wird weiter gestritten. Und das mit Verve: Anke Domscheit-Berg, die für die Linke in den Bundestag will, lässt kein gutes Haar an der Förderpolitik der großen Koalition: "Das ist ein widersinniges, völlig bescheuertes Förderprogramm", sagt Domscheit-Berg. Tosender Applaus von den rund 500 Wirtschaftsvertretern im Saal. Domscheit-Berg schlägt das schwedische Modell vor, wie sie es mit ihrem neuen Startup etablieren will.

Die Kritik der Branche: Es wird Geld in die Ertüchtigung der alten Kupferinfrastruktur gesteckt, was nur kurzfristig hilft. Der Zuschnitt der Programme führe dazu, dass die Telekom ihr VDSL-Netz mit Fördermitteln ausbaut, anstatt dass das Geld in FTTH gesteckt wird. So wie die Förderprogramme angelegt sind, "läuft es auf Vectoring hinaus", sagt Domscheit-Berg. Das sei dann auch nicht mehr Technologie-neutral.

Darauf ziehen sich Bund und Länder gerne zurück, wenn Kritik an der Breitbandförderung laut wird: Wir fördern Technologie-neutral. Doch es bekommt meistens die Technik den Zuschlag, deren Ausbau weniger kostet. "85 Prozent der Förderbescheide sind für Wirtschaftlichkeitslückenmodelle", rechnet Tabea Rößner von den Grünen vor. "Wenn immer die kleinste Wirtschaftlichkeitslücke gewinnt, ist das Vectoring", ergänzt Karsten Kluge vom thüringischen Netzbetreiber Netkon. "Das ist schon eine Verhinderungstaktik für Glasfaser."

Der heiligen Kuh der Technologieneutralität will auch Karsten Schmidt, CEO des Hannoveraner Netzbetreibers htp, ans Leder. Wenn der Staat in anderen Bereichen fördert, lege er schließlich auch Wert auf Nachhaltigkeit: "Dann auch in Glasfaser investieren und nicht einen technologischen Weg gehen, der nicht nachhaltig ist." Schmidt wünscht sich darüber hinaus verlässliche Rahmenbedingungen, die "nicht jedes Jahr über den Haufen geschmissen" werden.

Mindestens 70 Milliarden Euro soll ein flächendeckender Glasfaserausbau kosten. Rößner hat eine Idee, wie man einen ordentlichen Batzen davon finanzieren kann: "Wir wollen die Telekom-Anteile des Bundes verkaufen und den Erlös in Glasfaser investieren", sagt die Grüne. Der Staat hält 32 Prozent der Telekom-Anteile und ist gleichzeitig Regulierer. Dass das "ordnungspolitisch problematisch" ist, muss auch Thomas Jarzombek von der CDU einräumen. Er will den ehemaligen Staatscarrier aber nicht völlig dem Markt preisgeben und warnt vor dem "Verlust digitaler Souveränität".

Während für Jarzombek im Hinblick auf 5G der Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur Priorität hat, setzt sich beim Koalitionspartner langsam die Erkenntnis durch, dass es "ohne Glasfaser nicht gehen wird", wie Sozialdemokrat Martin Dörmann erklärt. Am heutigen Freitag stellt die SPD-Fraktion ein neues Impulspapier vor, in dem sie sich klar für den Glasfaserausbau ausspricht. Aus den Erfahrungen mit dem Förderprogramm müsse man lernen, meint Dörmann: "Da muss man gucken, was ist gut gelaufen, was ist schlecht gelaufen." (vbr)