Hintergrund: Das UMTS-Monopoly

Kennzeichen der Telekom-Branche im Jahr 2000 sind vier GroĂźbuchstaben: UMTS, der Mobilfunkstandard der Zukunft.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Kennzeichen der Telekom-Branche im Jahr 2000 sind vier Großbuchstaben: UMTS, der Mobilfunkstandard der Zukunft. Wie keine andere Technik zuvor hat die dritte Handy-Generation, Universal Mobile Telecommunications System, die Mobilfunkkonzerne inspiriert und Kursfantasien geweckt. Spätestens seit der spektakulären deutschen UMTS-Versteigerung, die dem Bund fast 100 Milliarden DM Erlöse einspielte, gilt UMTS als die Zauberformel für das neue Informationszeitalter.

Schnelle Datenübertragung, elektronischer Handel (M-Commerce) und Multimedia über Handy – das ist der Stoff, aus dem UMTS-Träume sind. Unternehmen arbeiten fieberhaft am Aufbau der Netze und an Anwendungen. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts EMNID ist bei Handybesitzern und Internetnutzern bereits jetzt das Interesse groß, mobil Informationsdienste aus dem Internet zu ziehen. Besonders gefragt: Das Überspielen von Verkehrsinformationen wie Staumeldungen auf das Handy.

Neben Deutschland wurden in den vergangenen zwölf Monaten in acht weiteren europäischen Ländern die begehrten Konzessionen vergeben (Spanien, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Italien, Schweiz, Polen, Schweden). Gesamtkosten: rund 200 Milliarden DM. Weitere UMTS-Lizenzen stehen im kommenden Jahr zur Vergabe an – darunter in Frankreich, einem der letzten attraktiven und noch nicht aufgeteilten UMTS-Märkte Europas. In spätestens zwei, drei Jahren wollen die Betreiber mit Diensten auf den Markt kommen.

Beobachter sind überzeugt, dass UMTS in den kommenden Jahren zu Konsolidierungen in der Branche führen wird. Dabei zeichnet sich ab, dass nur wenige Konzerne das Monopoly überleben werden. An vorderster Stelle steht die britische Vodafone-Gruppe, die sich durch die Übernahme von Mannesmann am Jahresanfang unangefochten an die Spitze gesetzt hat. Auf den allen wichtigen UMTS-Märkten ist Vodafone mit Lizenzen vertreten.

Als gut positioniert gilt ferner France Telecom, während die Deutsche Telekom lediglich einen hinteren Platz einnimmt. Inzwischen blickt auch ein asiatischer Riese nach Europa und USA: Die japanische NTT DoCoMo, die im kommenden Jahr als erster Mobilfunkkonzern der Welt mit UMTS-Diensten startet, kaufte sich bei der niederländischen KPN und erst vor wenigen Wochen bei AT&T Wireless ein.

Richtig entfacht wurde die UMTS-Euphorie, als im Frühjahr 2000 in Großbritannien erstmals Lizenzen unter den Hammer kamen. Zuvor hatte Spanien die Rechte in einem so genannten Schönheitswettbewerb vergeben. Das britische Auktionsergebnis überstieg alle Vorhersagen: Für umgerechnet 70 Milliarden DM ersteigerten fünf Bieter UMTS-Lizenzen, darunter auch die Telekom-Tochter One2One.

Angesichts des zu erwartenden gigantischen Geschäfts traten die Lizenzkosten zunächst völlig in den Hintergrund. Das zeigte sich besonders in Deutschland, wo im August drei Wochen lang um die UMTS-Lizenzen gefeilscht wurde. Aus dem Poker gingen D1 (Telekom), D2 (Vodafone), E-Plus (KPN/Hutchison), VIAG Interkom (British Telecom) sowie Mobilcom (France Telecom) und zur Überraschung vieler auch das spanisch/finnische Konsortium G3 (Telefonica/Sonera) als Sieger hervor. Kosten für eine Lizenz: rund 16,5 Milliarden DM.

Die Katerstimmung folgte: In der Branche machten sich Zweifel breit, ob sich die enormen Kosten für Lizenzen und Netzaufbau jemals wieder einspielen lassen. Außer den Regierungen würde vom UMTS-Wahnsinn kaum einer profitieren, hieß es. An der Börse fielen die Aktienkurse von Telekommunikationsfirmen, zuvor ohnehin schon durch den Einbruch bei Internet- und Technologiewerten gebeutelt, weiter in den Keller.

Hält ein Unternehmen ein Drittel des Marktes, meinen Experten, könnten die Kosten in zehn Jahren refinanziert sein. Neueinsteiger ohne Kundenbasis dürfte es aber schwer haben, überhaupt Tritt zu fassen. Das war auch der Grund, warum sich die Deutsche Telekom in Italien und Frankreich an der UMTS-Ausschreibung erst gar nicht beteiligte. (Peter Lessmann, dpa)/ (cp)