Microsoft-Prozess: AOL darf doch ...
Im Hickhack um die Beteiligung von AOL am weiteren Verlauf des Kartellprozesses gegen Microsoft hat das zuständige Berufungsgericht seine Entscheidung gefällt.
Im Hickhack um die Beteiligung von AOL am weiteren Verlauf des Kartellprozesses gegen Microsoft hat das zuständige Berufungsgericht nun seine Entscheidung gefällt: Am gestrigen Freitag gaben die Richter bekannt, dass AOL einen so genannten amicus brief einreichen darf. Microsoft hatte sich gegen eine solche Entscheidung ausgesprochen, da AOL als Muttergesellschaft von Netscape eigentlich Partei in dem Verfahren sei. Allerdings entschieden die Richter, dass, wie von Microsoft gewünscht, AOL nur ein gemeinsames Dokument mit drei Industrievereinigungen vorlegen darf.
Bei einem amicus brief (von amicus curiae, lat. für "Freund des Gerichts"; brief: rechtliche Stellungnahme) handelt es sich im US-amerikanischen Rechtssystem um Eingaben von nicht an einem bestimmten Prozess Beteiligten. Sie sollen dem Gericht bei seiner Entscheidungsfindung helfen. In der Regel werden sie zu Gunsten einer der streitenden Parteien eingereicht. AOL wollte ursprünglich einen eigenen amicus brief zur Unterstützung der Argumentation des US-Justizministeriums gegen Microsoft vorlegen – genauso wie die Computer and Communications Industry Association (CCIA), die Software and Information Industry Association (SIIA) und das Project to Promote Competition and Innovation in the Digital Age (ProComp).
Gegen eine Einreichung getrennter amicus briefs dieser vier Antragsteller hatte Microsoft schärfsten Widerspruch eingelegt: Der Konzern betrachtet AOL und die Organisationen mehr oder weniger als identisch, da die Vereinigungen maßgeblich von Microsoft-Konkurrenten und AOL-Partnern beeinflusst würden. Und gegen einen amicus brief von AOL hatte Microsoft grundsätzliche Einwände: Man könne den Online-Dienst wohl kaum als "friend of court" im eigentlichen Sinne bezeichnen.
Die jetzige Entscheidung revidiert zumindest eine frühere Ansicht des Berufungsgerichts, das ursprünglich nur einen amicus brief für jede Seite akzeptieren wollte. Auch einigen anderen Organisationen und Einzelpersonen gestattete das Gericht nun, solche Dokumente einzureichen. Zumindest kann Microsoft aber in diesem Geplänkel auf einem Nebenkriegsschauplatz einen Teilerfolg verzeichnen: Das US-Justizministerium hatte in einer Stellungnahme erklärt, es habe nichts dagegen, wenn jede interessierte Person, Firma oder Organisationen einen eigenen amicus brief einreiche – was nicht weiter verwunderte, denn alle bis dahin beantragen amicus briefs hätten die Klägerseite im Verfahren gegen Microsoft gestützt. (jk)