Klassik im Cyberspace: Mozart goes online
Klassische Musik entspanne und verbessere die Stimmung, behaupten Ärzte, Philosophen und Musikliebhaber. Und Klassikliebhaber tummeln sich inzwischen auch im Internet.
Der Klassikhörer ist älteren Semesters, raucht Pfeife, hat Beethoven, Mozart und Bach im Plattenschrank und viel Zeit zum Hören. Soweit das Klischee – eine Umfrage des Radiosenders Klassikradio in Hamburg unter seinen Hörern erbrachte allerdings verblüffende Ergebnisse: 55 Prozent der Klassikliebhaber sind unter 50 Jahre; 50 Prozent von ihnen hören mehrmals in der Woche Klassik, vielfach auch bei der Arbeit, und 28 Prozent bestellen ihre CDs online.
"Unsere Hörer sind mittleren Alters und bestens vertraut mit den so genannten Neuen Medien. Die Affinität zu Online-Beststellungen ist inzwischen sehr groß", sagt Stefanie Drohner, Online-Projektleiterin bei Klassikradio. "Die Klassikfans suchen sich über Wissensdatenbanken Komponisten und Werke und haben zusätzlich die Möglichkeit, die Musik gleich zu bestellen." Das sei außerdem bequem und gebe auch eine gewisse Ruhe, weil das Wühlen im vollen Kaufhaus wegfällt. "Empfehlenswerte Internetadressen sind etwa klassik.com oder klassik-neuheiten.de", meint die Redakteurin.
"Ich höre Klassik online, während ich arbeite. Die Musik wirkt entspannend auf mich, davon haben meine Kollegen dann auch etwas", sagt Christine Schelter schmunzelnd, Chefin einer PR-Agentur in Köln. "Klassikradio bietet ja unter klassikradio.de auch online das aktuelle Radioprogramm. Das Schöne ist, dass man sich nebenbei noch über die gerade gehörte Musik informieren kann", sagt Schelter. "Klassik funktioniert. Sie vermittelt wie keine andere Musikrichtung das Gefühl der Entspannung und Ausgeglichenheit." Diesen Effekt nutzten immer mehr Hörer für ihr persönliches Wohlbefinden. "Es ist eine Lebensart", fasst Online-Projektleiterin Stefanie Drohner zusammen.
"Ich bin Klassik-Einsteiger und oft erschlagen von der Fülle an Angeboten in den Musikabteilungen der Kaufhäuser», erzählt die Berliner Studentin Sabine Werth. Unter klassikakzente.de sind die 100 schönsten Werke für Klassik-Neuentdecker zusammengestellt. "Ein Angebot und eine Orientierungshilfe, die ich gern in Anspruch nehme", kommentiert die 24-Jährige.
"Für mich als Musiker ist Recherche zur Klassik im Internet nur am Rande interessant", hält Andreas Greger dagegen, Cellist des Gaede-Trios. Als Lehrer für Cello in Berlin greift er dann doch schon mal auf die Internetadresse noten.de zurück. "Dort besteht die Möglichkeit, Noten aller Komponisten zu bestellen, ich spare Zeit und habe in der Übersicht alle Werke zusammen", erklärt der Cellist, der früher bei der Berliner Staatsoper gespielt hat.
"Meine favorisierte Adresse ist klassik.com. Über diese Homepage habe ich meinen Flötenlehrer gefunden", zeigt sich Katarina Specht begeistert. Die Musiklehrervermittlung sei eine gute Idee. Außerdem könne man Klassik-Schlagzeilen nachlesen, und es gebe auch einen Veranstaltungskalender. "Persönlich interessiert mich am meisten die Rubrik 'Frau und Musik'." Dort seien interessante Beiträge zu Themen wie Frauen als Komponistinnen und Interpretinnen, aber auch als Schwestern und Geliebte bedeutender Komponisten zu finden.
"Es ist schon wahr, was Artur Schopenhauer einmal gesagt hat: Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar und tief wie die Musik, weil keine uns das wahre Wesen der Welt so unmittelbar und tief erkennen lässt", sagt Sabine Korneli, Chefin der Berliner Firma Kultur.Marketing. "Wir betreuen viele Künstler und Ensembles, die Klassik in ihren Programmen haben. Über die neuesten Trends informiere ich mich dann im Internet, unter rondomagazin.de." Auf diese Weise Trends zu beobachten und für den eigenen Veranstaltungskalender "Konzerte und Theater in Berlin und Brandenburg" zu recherchieren, sei durchaus lohnend, sagt sie.
"Ob Klassik im Internet, vom Plattenteller oder von der CD, Klassik erlebt momentan ein großes Revival", glaubt Stefanie Drohner: "Gerade die Musik tendiert wieder hin zu melodischen, symphonischen Klängen. Und das Wichtigste: Sie gibt Sicherheit und ist trotzdem immer noch aktuell." (Silke Nauschütz, gms) / (ku)