Stephen Hawking: Schwarze Löcher dampfen zum 75. Geburtstag

Schwarze Löcher, durchs All rasende Mini-Raumschiffe, Gefahren durch schlaue Roboter - Stephen Hawkings Gedankenwelt reicht hoch hinaus. Im höheren Alter wird der Forscher zum Mahnenden.

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Stephen Hawking

(Bild: dpa, Andy Rain)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Lea Lang
  • mit Material der dpa
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Stephen Hawking gehört zu den größten Physikern seit Galileo Galilei. Am 8. Januar 2017 wird der Wissenschaftler 75 Jahre alt – nach der Prognose seiner früheren Ärzte müsste er schon seit Jahrzehnten tot sein. Stattdessen warnt er die Menschheit vor den Folgen der Klimaerwärmung, Künstlichen Intelligenz oder eines Atomkriegs.

Von Reisen rund um den Globus hält Hawking, der in einem Rollstuhl sitzt und seit einem Luftröhrenschnitt vor etwa 30 Jahren nicht mehr sprechen kann, nichts ab. Er ist stets mit einem Stab von Leuten unterwegs, darunter auch Krankenschwestern. Hawking leidet an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Seit Jahrzehnten ist er nahezu bewegungsunfähig. Nur mit Hilfe des Sprachprogramms "Assistive Context-Aware Toolkit" von Intel verständigt er sich.

ALS brach bei Hawking innerhalb seines Physikstudiums aus. Die Krankheit schritt bei ihm sehr langsam voran – ein Wendepunkt in seinem Leben: "Plötzlich begriff ich, dass es eine Reihe wertvoller Dinge gab, die ich tun könnte, wenn mir ein Aufschub gewährt würde." Mit Ehrgeiz und scharfem Verstand brachte er es weit. 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge, über 30 Jahre lang hatte er dort den berühmten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne.

Hawking begeisterte die Fachwelt mit seinen Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu monströsen Schwarzen Löchern. "Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen", sagte er. "Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert."

Schwarze Löcher sind keine Endstationen. Zwar saugen sie durch ihre enorme Schwerkraft alles ein, was ihnen zu nahe kommt, lassen nicht einmal das Licht entkommen. Hawking konnte aber in der Theorie zeigen, dass Schwarze Löcher langsam verdampfen. Die Löcher verschlucken nicht nur Materie, sie senden Strahlung aus und verschwinden allmählich durch langsames Verdampfen. Die Strahlung erhielt in den Folgejahren den Namen Hawking-Strahlung in der weiteren Forschung.

Bereits als Doktorand hatte Hawking 1965 zusammen mit dem Briten Roger Penrose einen wichtigen mathematischen Beleg für die Urknalltheorie geliefert. Die Idee vom Urknall war damals noch umstritten, unter anderem weil in ihm die Naturgesetze nicht mehr gelten und so eine Art Schöpfungsakt notwendig zu werden schien.

Illustration eines supermassiven Schwarzen Lochs.

(Bild: NASA, ESA, D. Coe, G. Bacon (STScI))

Hawking beschäftigte sich mit Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und konnte zeigen, dass sie einen Anfang des Universums voraussagte – "ein Ergebnis, das die Kirche interessiert zur Kenntnis nahm", wie Hawking in seiner Autobiografie "Meine kurze Geschichte" von 2013 schrieb. Später betonte er jedoch, dass der Anfang des Universums nicht zwangsläufig in einer sogenannten Singularität gelegen haben muss.

Machten ihn nur seine Theorien berühmt? Hawking argwöhnte, dass da noch etwas anderes dahinterstecken könnte: "Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies", sagte er dem Sender BBC. "Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige."

Hawking ist eine Art Popstar der Wissenschaft und schreckt auch nicht davor zurück, zu populären Themen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen. In den vergangenen Jahren scheint er eine Wandlung durchzumachen, tritt oft als Mahner auf.

Intelligente Roboter, Klimaerwärmung, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnt er. Seine Botschaft: Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen für den Fall, dass es zu einer hausgemachten Katastrophe kommt. Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Juri Milner plant er, eine Armee nur etwa briefmarkengroßer Raumschiffe auf eine 20-jährige Erkundungsreise zum Sternensystem Alpha Centauri zu schicken. "Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen."

Das Privatleben kam trotz seiner Forschungen nicht zu kurz: Hawking war zweimal verheiratet und hat drei Kinder. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe verheiratet, die Ehe scheiterte. Später nannte seine Ex-Frau ihn einen Haustyrannen: "Sein Ruhm trug ihn aus dem Orbit unserer Familie." 1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, die Verbindung hielt elf Jahre. In einem Interview mit der Zeitschrift "New Scientist" sagte er auf die Frage, worüber er jeden Tag am meisten nachdenke: "Frauen. Sie sind ein komplettes Rätsel." (lel)