Zahlen, bitte! 1,5 Meter per Funk

Gerade mal 1,5 Meter – mehr nicht. Über diese Entfernung hinweg registrierte Heinrich Hertz 1886 die erste Funkübertragung. Seinen Bericht dazu legte er der Berliner Akademie der Wissenschaften am 13. Dezember 1888 vor.

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Zahlen, bitte! 1,5 Meter per Funk
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Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

"Funk" war in diesem Zusammenhang übrigens ganz wörtlich zu nehmen. Der frisch gebackene Professor Heinrich Rudolf Hertz an der Technischen Hochschule Karlsruhe experimentierte mit so genannten Rühmkorff-Spulen: Das sind Transformatoren mit Unterbrecherkontakten, die aus dem Strom einfacher Batterien an einer Funkenstrecke knatternde, elektrische Funken ziehen. Platziert man einen zweiten Apparat in der Nähe eines funkensprühenden Rühmkorff-Apparates – allerdings ohne an diesen eine Batterie anzuschließen – konnte man nichts ahnenden Studenten elektrische Schläge versetzen, die diese Kontakte berührten. Ein zur damaliger Zeit recht beliebter Versuch um die Wirkung der magnetischen Induktion zu demonstrieren.

Heinrich Rudolf Hertz (1857 - 1894).

(Bild: Wikimedia.org)

Hertz modifizierte diese Apparate: Er bog die Leiterschleife der äußeren Spule auf, durchtrennte sie und verband die beiden Enden des rund drei Meter langen geraden Drahtes mit zwei leitenden Kugeln von etwa 30 Zentimeter Durchmesser. Solch ein linearer, unterbrochener Stromkreis sollte keine Induktionswirkung zeigen, vermutete er. Stattdessen sollten die "Konduktoren" an den Enden den leeren Raum polarisieren und so die "elektrische Wirkung" vom Sender auf den Empfänger übertragen.

Der Funkeninduktor ist auch als Rühmkorff-Spule bekannt. Heinrich Daniel Rühmkorff stellte seinen Induktionsapparat erstmals auf einer internationalen Industrieausstellung in Paris 1855 aus.

(Bild: Kogo / Bibliothek allgemeinen und praktischen Wissens für Militäranwärter Band III / Wikipedia / Public Domain)


Das Experiment gelang. Schon in ersten Versuchen konnte Hertz in bis zu 1,50 Meter Entfernung im Empfängerkreis ebenfalls Funken "von bis zu zwei Millimeter Länge nachweisen", schrieb Hertz an seinen alten Lehrer und Mentor, den Physiker Hermann von Helmholtz. Mit der Interpretation seiner Versuchsergebnisse war Hertz jedoch zunächst sehr vorsichtig. Denn durch die physikalische Gemeinschaft zog sich in Sachen Elektrizität und Magnetismus eine tiefe Kluft.

Zwar hatte der schottische Physiker James Clerk Maxwell die Wirkung von Elektrizität und Magnetismus 1864 in insgesamt 20 mathematischen Gleichungen zusammengefasst. Mehr noch: Aus diesen Gleichungen folgerte Maxwell, dass es so etwas wie elektromagnetische Wellen geben müsste, deren Ausbreitung im Vakuum 310.740.000 Meter pro Sekunde betragen sollte. Wie solche Wellen aber erzeugt oder nachgewiesen werden konnten, darüber ließ Maxwell sich nicht aus – vielen Physikern galt seine Theorie daher als rein mathematische Spielerei.

Mit seinem weiter verfeinerten Funkenempfänger begann Hertz daher nun systematisch die Wellenlänge, ihre Ausbreitung im Raum und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Funkwellen zu messen, musste jedoch enttäuscht feststellen, dass sie nicht mit Maxwells Vorhersage übereinstimmten. Schlimmer noch: Für die Ausbreitung im leeren Raum maß er sogar eine unendliche Geschwindigkeit.

Die Nachweise von elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz legten die Grundlage für Entwicklungen wie drahtlose Telegrafie und das Radio.

(Bild: Alan Levine / Flickr / cc-by-2.0)

Der Durchbruch kam erst zwei Jahre später: 1888 bemerkte Hertz, dass er die Wellenlänge drastisch reduzieren konnte, wenn er einen kleineren Induktor verwendete – von mehreren Metern auf 33 Zentimeter. Sämtliche vorher so mühsamen Experimente zur Reflektion oder Beugung ließen sich nun in kürzester Zeit durchführen: Um die Wirkung seines Senders zu verstärken, stellte Hertz beispielsweise in seiner Nähe einen Hohlspiegel aus Zinkblech mit einer Öffnung von zwei Meter Höhe und 1,20 Meter Breite auf. Befand sich der Empfänger in dem Strahl, welcher aus dem Hohlspiegel trat, konnten noch in sechs Meter Abstand Funken beobachtet werden. Als Hertz schließlich die Strahlen, bevor sie den Empfänger trafen, durch einen dem ersten gleichen Hohlspiegel vereinigte, konnte er selbst in 16 Meter Entfernung noch deutlich Funken wahrnehmen.

Wie besessen arbeitete Hertz und schickte im November 1888 gleich vier wissenschaftliche Arbeiten im Block an die Akademie der Wissenschaften. "Meine neuste Arbeit, an der ich heute vor acht Tagen noch abschrieb, reiste am Dienstag nach Berlin", schrieb Hertz an seine Eltern, "und gegenwärtig reisen schon die korrigierten Druckbogen auf dem gleichen Wege. Man lebt doch schnell heutzutage." Am 13. Dezember 1888 wurde seine Entdeckung damit offiziell.

(jle)