Obama sieht Putin für Hackerangriffe verantwortlich

Ordnete Kremlchef Putin persönlich Hackerangriffe zur Manipulation der US-Wahl an? Präsident Obama deutet das indirekt erstmals an – und geht damit auf Kollisionskurs mit seinem designierten Nachfolger Trump.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 498 Kommentare lesen
Obama sieht Putin für Hackerangriffe verantwortlich

(Bild: The White House)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Der scheidende US-Präsident Barack Obama hat am Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich für die Hackerangriffe während des zurückliegenden US-Wahlkampfs verantwortlich gemacht – zumindest indirekt. Nach Erkenntnissen der Geheimdienste stecke Russland hinter den Cyberattacken gegen die Demokratische Partei, sagte Obama am Freitag auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende in Washington.

Er könne bestätigen, dass "oberste Stellen" der Regierung darin verwickelt seien, und es gebe wenig, was in Russland ohne Wladimir Putin geschehe. "Ich lasse Sie selbst Ihr Urteil darüber bilden, ob es hochrangige russische Offizielle gibt, die auf eigene Faust handeln und beschließen, den US-Wahlprozess zu beeinflussen, ohne dass Wladimir Putin davon weiß."

Erneut kündigte Obama Vergeltungsmaßnahmen an: "Einige werden wir öffentlich vollziehen, einige so, dass sie (also Russland; Red.) davon wissen, aber nicht jeder andere." Bereits zuvor hatte er in einem Interview des Senders NPR (National Public Radio) erklärt, wenn eine ausländische Regierung versuche, den Wahlkampf zu manipulieren, müssten die Vereinigten Staaten handeln. "Und das werden wir – zu einer Zeit und an einem Ort unserer Wahl."

Obama teilte auf der Pressekonferenz mit, er habe Putin im September am Rande des G20-Gipfels in China persönlich aufgefordert, die Angriffe einzustellen. Er habe ihm gesagt, dass es andernfalls sehr ernste Konsequenzen geben werde.

Die verschärften Töne stehen im Widerspruch zur Haltung Trumps, der bisher geheimdienstliche Erkenntnisse über Russlands Rolle bei den Hackerangriffen stark bezweifelt hat – und erst recht Versuche einer gezielten Wahlbeeinflussung zu seinen eigenen Gunsten. Das sei "lächerlich", sagte er erst kürzlich und verwies darauf, dass auch das FBI die Einschätzung des CIA nicht teile.

Diesem Argument wurde aber am Freitag der Boden entzogen: Nach einem Bericht der Washington Post stützen sowohl FBI-Direktor James Comey als auch der nationale Geheimdienstdirektor James Clapper – der Chefkoordinator aller US-Spionagebehörden – die CIA-Erkenntnisse. Das habe CIA-Chef John Brennan seinen Mitarbeitern mitgeteilt.

Trump hatte im Wahlkampf und nach seinem Wahlsieg wiederholt klargemacht, dass er die Beziehungen zu Russland verbessern wolle. Ein offener Konflikt mit Moskau wegen Wahlbeeinflussung käme ihm daher nicht gelegen. Die Manipulationsvorwürfe könnten zudem auch seine Legitimation als Präsident untergraben.

Obama sagte, er hoffe, dass sein Nachfolger die Besorgnis über die Einflussnahme eines fremden Landes teile. Er selbst habe sich mit noch deutlicheren Hinweisen vor der Wahl zurückgehalten, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, seinerseits Einfluss auf den Wahlgang am 8. November nehmen zu wollen. "Russland kann uns nicht ändern. Es ist ein kleineres Land, es ist ein schwächeres Land. Die Wirtschaft produziert nichts, was irgendjemand kaufen möchte", sagte der scheidende Präsident. "Aber Russland kann uns beeinflussen, wenn wir vergessen, wer wir sind. Wenn wir uns von unseren Werten verabschieden."

Man müsse sich fragen, in welchem Zustand das politische System sei, wenn eine so wichtige Wahl von solchen Cyberangriffen dermaßen beeinflussbar sei, sagte Obama weiter und griff in diesem Zusammenhang die Medien an. Das Thema der gehackten Daten habe die Berichterstattung vor der Wahl dominiert, sagte er den Pressevertretern. "Ihr habt über alles berichtet. Es war wie eine Obsession." Die demokratische Bewerberin Hillary Clinton sei nicht fair behandelt worden.

Die unterlegene Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten bewertet die angeblichen russischen Versuche einer Wahlbeeinflussung als Angriff auf die Vereinigten Staaten. Sie erhob schwere persönliche Anschuldigungen gegen Putin. "Das war nicht nur eine Attacke gegen mich und meinen Wahlkampf", sagte Clinton nach Angaben der New York Times. "Dies geht über normale politische Belange weit hinaus." Putin habe sich mit den Angriffen persönlich an ihr rächen wollen. Russland versuche, mit seinen Cyberangriffen auf Einrichtungen der US-Demokraten die Demokratie an sich und die Sicherheit des Landes zu unterminieren, sagte Clinton.

Es war das erste Mal, dass die Politikerin sich nach der Wahl so zu diesem Thema äußerte. Sie fügte hinzu, der Brief von Comey, mit dem das Thema ihrer E-Mail-Affäre kurz vor der Wahl neuen Schwung erhielt, habe sie im engen Rennen in besonders umkämpften Bundesstaaten die entscheidenden Stimmen gekostet.

Siehe dazu auf Telepolis: