Thüringer Abhöraffäre: Unzulässige Mitschnitte an 13 Polizei-Anschlüssen

Nach monatelanger Arbeit legt der Sonderermittler des Thüringer Innenministeriums zur Abhöraffäre der Landespolizei seinen Bericht vor – mit Licht und Schatten.

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Sonderermittler: Unzulässige Mitschnitte an 13 Polizei-Anschlüssen

(Bild: Thüringer Polizei)

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Von
  • dpa

Nach Angaben des Sonderermittlers zur Abhöraffäre der Landespolizei in Thüringen hat die Behörde über Jahre hinweg an 13 Telefonanschlüssen unzulässige Mitschnitte angefertigt. Diese Aufzeichnungen seien landesweit an vier Vermittlungs- und neun Nebenstellenanschlüssen erfolgt, sagte Wolfgang Schmitt-Wellbrock am Dienstag in Erfurt. Sie seien nicht von der Dienstanweisung gedeckt gewesen, die die Mitschnitt-Praxis bei der Thüringer Polizei bislang regelte.

Beim Einsatz der umstrittenen Software Device Watch innerhalb der Landespolizei habe er dagegen keinen Missbrauch feststellen können, erklärte Schmitt-Wellbrock. Zwar verfüge diese Software technisch über die Möglichkeit, genau zu protokollieren, wie Polizisten ihre Computer nutzen. Diese Option sei aber in der Praxis nicht genutzt worden.

Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) will auf Grundlage des Berichts bis zum 1. Mai 2017 eine neue Dienstanweisung zum Anfertigen von Mitschnitten von Telefongesprächen erarbeiten lassen. Diese solle einfacher umzusetzen sein als ihre Vorgängerin, sagte er. So solle stärker als bislang ausgeschlossen werden, dass einzelne Beamte die Vorschriften nicht einhalten. Auch der Landesdatenschutzbeauftragte Lutz Hasse fordert eine solche Überarbeitung.

Im August war bekannt geworden, dass bei Thüringens Polizei jahrelang Telefongespräche aufgezeichnet wurden – auch an Apparaten, die nicht zur Bearbeitung von Notrufen vorgesehen waren; der Mitschnitt von Notrufen ist rechtlich unbedenklich. Aufgeflogen war die Praxis durch die Anzeige eines Staatsanwalts aus Gera, der sich durch das Anfertigen der Aufzeichnung ausspioniert fühlte.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Thüringen, Kai Christ, begrüßte, dass Schmitt-Wellbrock, die unzulässige Aufzeichnungspraxis an den 13 Anschlüssen offen benannt habe. Dazu gehöre Mut. Dies werde dazu beitragen, wieder mehr Ruhe in die Polizei zu bringen. Die Beamten seien durch die Abhöraffäre in der Vergangenheit stark verunsichert gewesen. (mho)