Zahlen, bitte! Der hexadezimale Dollar von Donald E. Knuth

Der Informatik-Papst Donald E. Knuth zahlt für jeden Fehler, den jemand in einem seiner Bücher findet, eine Belohnung. Seit Oktober 2008 tut er das in seiner eigenen Währung, dem hexadezimalen Dollar.

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Zahlen, bitte! 0x$1, der hexadezimale Dollar
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Harald Bögeholz
Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Donald E. Knuth ist ein Perfektionist. Der Informatik-Pionier feiert am heutigen 10. Januar seinen 79. Geburtstag. An seiner Buchreihe The Art of Computer Programming, die er in den 1960er-Jahren begonnen hat, arbeitet er noch heute, und es dürfte außer ihm keinen Autor geben, der neben dem Inhalt auch sämtliche Software selbst geschrieben hat, um seine Bücher zu setzen – bis hinunter zu den Fonts! Das von Knuth entwickelte Schriftsatzsystem TeX ist unter Mathematikern und Naturwissenschaftlern die unangefochtene Nummer eins, wenn es darum geht, wissenschaftliche Arbeiten und Bücher mit ansprechendem Formelsatz in höchster typografischer Qualität zu Papier zu bringen.

Und so ist es nur ein Ausdruck dieses Perfektionismus, dass Knuth von Anfang an für Fehler in seinen Büchern einen Finderlohn ausgelobt hat. Viele Jahre lang waren das echte US-Dollars: $2,56 gab es für einen inhaltlichen Fehler und immerhin 32 Cent für Kleinigkeiten wie Kommafehler oder typografische Details.

Ausgewählte E-Mails finden auf Papier ihren Weg zu Knuth – und werden zu gegebener Zeit mit handgeschriebenen Anmerkungen auf ebendiesem Papier beantwortet.

Schnellen Reichtum versprach das aber nicht. Zum einen macht Knuth verdammt wenig Fehler, zum anderen lebt er seit vielen Jahren recht zurückgezogen und arbeitet nur noch an seinen Büchern. Aber wer ihn per Brief auf einen Fehler aufmerksam macht, den noch niemand vorher gefunden hat, bekommt irgendwann den Finderlohn. E-Mail benutzt Knuth seit 1990 nicht mehr und akzeptiert sie ausschließlich, um Fehler in seinen Büchern zu melden. Solche Mails druckt seine Sekretärin ihm aus und er bearbeitet sie wie alle anderen Briefe – vielleicht nach Monaten, alles zu seiner Zeit.

Die scheinbar krummen Beträge sind natürlich für den Informatiker glatte Zahlen – 256 Cent, das ist im Zweiersystem eine Eins mit acht Nullen (28), 32 ist 25. Die Praxis, Schecks zu verschicken, musste Knuth 2008 aber einstellen, denn es wurde Schindluder damit getrieben. Die Leitzahlen, die für alle sichtbar auf diesen Schecks aufgedruckt waren, konnten nämlich von Betrügern genutzt werden, um das Konto leerzuräumen. Und weil die meisten dieser Knuth-Schecks nicht etwa eingelöst, sondern stattdessen im Internet zum Angeben genutzt wurden („all such recipients are entitled to bragging rights“), nahm der Scheckbetrug überhand.

Einer der begehrten Schecks von Knuth – wie so viele wird er natürlich nie eingelöst, sondern zum Angeben genutzt.

2008 hat Knuth daher seine eigene Bank gegründet, die Bank of San Seriffe. Sie besteht aus einer handgepflegten Webseite, wo Knuth die Kontostände aller vermerkt, die ihn auf Fehler aufmerksam gemacht haben. Die Währung dort ist der hexadezimale Dollar 0x$1, der nominell US-$2,56 entspricht. Natürlich verschickt er immer noch an alle Fehlerfinder handsignierte „Schecks“, und er steht auch immer noch zu seinem Versprechen, die Belohnung als echtes Geld auszuzahlen. Das aber nur noch auf persönliche Anfrage.

Die meisten Kontoinhaber bei der Bank of San Seriffe dürften mit dieser Regelung einverstanden sein. Knuth schreibt auf seiner Homepage, dass von den 275 Schecks, die er in den zwei Jahren vor Gründung seiner eigenen Bank noch in US-Dollar ausgestellt hat, nur 9 eingelöst wurden: „Only 9 [...] have actually been cashed. The others have apparently been cached.“

Knuth ist weiterhin an der Stanford University aktiv und hält traditionell dort zu Weihnachten seinen legendären Weihnachtsvortrag, in dem immer irgendwie ein Weihnachtsbaum auf Knuthsche Art algorithmisch eingebunden ist. Den letzten Vortrag vom Dezember 2016 kann man sich sogar als 360°-Video anschauen – es sind eineinhalb Stunden, aber die lohnen sich.

Das intensive Interview mit den beiden c't-Redakteuren Harald Bögeholz (hier im Bild) und Andreas Stiller an der FH München dauerte über drei Stunden ... und wurde dann im Augustiner-Keller fortgesetzt.

(Bild: Andreas Stiller)

Zu Knuths rundem Geburtstag im Jahr 2001 – er wurde damals 1000000 Jahre alt – hatten wir die Gelegenheit zu einem Interview. Lesen Sie es bei c’t online:

  • Der Perfektionist, Donald E. Knuth über MMIX und die Kunst des Programmierens

(bo)