Masterclass: Wie lernt man Musik von Deadmau5?

Unter dem Motto "Access to Genius" wirbt Masterclass mit hochrangig besetzten Video-Kursen. Wir haben uns die elektronische Musikproduktion von Deadmau5 erklären lassen. Doch was taugt ein Weltstar als Lehrer?

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Masterclass: Wie lernt man Musik von Deadmau5?

(Bild: Masterclass)

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Dustin Hoffman, Kevin Spacey, Werner Herzog, Christina Aguilera, Hans Zimmer: Die Liste der Lehrer, die Masterclass für seine Video-Tutorials verpflichten konnte, liest sich wie das who is who. Um zu testen, was man von diesen Superstars lernen kann, habe ich mich für einen Kurs mit Deadmau5 eingeschrieben. In rund 20 Kapiteln soll der etwa 5-stündige Video-Kurs einem alle Aspekte der elektronischen Musikproduktion am Rechner näherbringen. Dazu gibts ein dünnes PDF-Workbook und ein Online-Forum. Kosten: 90 US-Dollar. Da alle Videos vorproduziert wurden, kann man jeder Zeit einsteigen.

Vor rund zwei Wochen startete nun der Deadmau5-Kurs. Rund zehntausend Einträge allein im "Welcome-Forum" zeigen, dass der Aufwand sich zumindest für die Macher lohnt. Die Werbung, mit der sie seit Monaten die sozialen Netzwerke bombardieren, zeigt Wirkung. Das Inhaltsverzeichnis des Kurses liest sich überaus ambitioniert. Von den Harmonien, den Beats, dem strukturellen Aufbau, Klänge mit Modular-Synthesizern schrauben bis zum Mastering deckt der Kurs tatsächlich fast alle Aspekte ab, die bei der Produktion einer elektronischen Dance-Nummer wichtig sind. "Every kid with a laptop can do it." Um dies zu beweisen, nutzt Deadmau5 noch nicht einmal ein Keyboard, sondern zeichnet seine Akkorde nur mit der Maus in den Sequencer ein. Er selbst könne kein Keyboard spielen – offenbar wird man auch ohne zum Weltstar.

Doch nach dem Staunen ĂĽber den Umfang und hunderten erwartungsvoller "Awesome"-Bekundungen der offenbar meist us-amerikanischen Online-SchĂĽler, machte sich bei mir im Video-Kurs dann schnell ErnĂĽchterung breit. Gerade einmal eine Viertelstunde reiĂźt Deadmau5 jedes Thema an. Da bleibt nicht viel Zeit fĂĽr Tiefgang. Akkorde arrangiere er meist in einem achttaktigen Schema und achte darauf, dass der letzte und erste zusammenpassen. Konkreter, welche Harmonien denn nun passen oder was ein starker Abschluss einer Kadenz ist, wird er nicht. Immerhin der konkrete Tipp: "Legt euch den Grundton als Drohne an, und arrangiert die Akkorde darum".

Ähnlich anekdotisch bleibt es in den anderen Kapiteln: Ein analoger Modular-Synth bringe originellere Töne hervor als eine Sample-Datenbank, erklärt er, während er etwas undurchsichtig an seinem riesigen Schrank von Doepfer schraubt. Beim Mastern solle man zuerst alles unter 30 Hz abschneiden, und den Limiter immer zum Schluss einsetzen. Neben solchen Binsenweisheiten wird Deadmau5 nur selten konkret, etwa wenn er die Mastering-Chain seines Songs "Snowcone" erklärt, in der am Schluss sogar zwei Limiter zum Einsatz kommen – interessant.

Leider schließt das mitgelieferte Workbook die Lücken nicht. Die Hausaufgaben lauten oft lapidar "Sammle Samples, erstelle eine Reihe von Beats und lege Dir einen Grundstock an." Zwei dünn beschriebene Blätter gibt es zu jedem Kapitel, die Hälfte davon mit Linien für eigene Notizen gefüllt.

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An Musikmateriealien stellt Deadmau5 die Stems für sein Stück "Snowcone" zur Verfügung. Wer sich in die Masterclass einschreibt, kann sie nach eigenem Gusto remixen und den Remix mit Deadmau5 Segen veröffentlichen. Das ist ist toll. Allerdings ist "Snowcone" nicht viel mehr als eine seicht vor sich hinplätschernde Trip-Hop-Nummer ohne Gesang – klingt gut, hat aber wenig Substanz für einen Remix.

Immerhin versuchen die regen Forenteilnehmer die Lücken mit gegenseitigen Tipps zu schließen, aber diese sind ähnlich zusammengewürfelt wie in jedem x-beliebigen Musik-Forum im Internet. Ja, man findet hier den ein oder anderen guten Tipp, aber keine didaktisch aufbereiteten konkreten Anleitungen.

Für wen lohnt sich nun die Masterclass mit Deadmau5? Für Einsteiger ist sie ungeeignet, weil keinerlei Grundlagen erläutert werden und der Künstler häufig nur an der Oberfläche kratzt. Wer das Handwerk von der Pike auf lernen will, der sollte lieber zu Video-Kursen von SAE, Dance Music Production oder Hofa greifen, zumal man dort auch direktes Feedback von den Tutoren bekommt.

Profis wiederum verrät Deadmau5 nichts neues. Sie erhalten einen Einblick, wie Deadmau5 seine Stücke angeht, dass er sich Akkordfolgen beispielsweise von den Nine Inch Nails abgeschaut hat oder Bassspuren zuerst mit einem Limiter glättet und dann mit einem LFO nachzeichnet.

Über solche Minitipps hinaus ist der Kurs in erster Linie etwas für Fans von Deadmau5, die einfach fünf Stunden lang ihren Star sehen wollen. Die Videos sind durchaus professionell und kurzweilig aufgenommen, stellen aber stets Deadmau5 und nicht die Musik in den Mittelpunkt. Zitate werden zu Lehrsätzen verdichtet, konkrete Handlungsanweisungen sind jedoch allzu spärlich gestreut. Immerhin kann Masterclass offenbar viele Musikinteressierte motivieren, es selbst einmal zu probieren. Die Fragen, die sich die angefütterten Musiker dann zwangsläufig stellen werden, beantworten dann aber andere, tiefer greifende Kurse.

(hag)