Der Computer arbeitet weiter: Stephen Hawking wird 75

Stephen Hawking, einer der einflussreichsten Physiker der Welt, feiert am heutigen Sonntag seinen 75. Geburtstag. 1963 entdeckten die Ärzte seine ALS-Erkrankung und gaben ihm noch fünf Jahre Lebenszeit. Die kostet er seitdem aus, Tag für Tag.

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Der Computer arbeitet weiter: Stephen Hawking wird 75

Stephen Hawking

(Bild: dpa (Archiv))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Mit einer Auflage von 15 Millionen Exemplaren ist Stephen Hawkings "Eine kurze Geschichte der Zeit" das erfolgreichste Wissenschaftsbuch unserer Zeit. Hawking musste es diverse Male umschreiben, bis sein Lektor mit der Verständlichkeit seiner Ausführungen über unser mysteriöses Universum einverstanden war.

Mit den drei von ihm entwickelten Theorie-Varianten über Schwarze Löcher hatte er es einfacher und stieg zum Star der theoretischen Physik auf. Mit seinem trockenen Humor füllt er jedes Zitaten-Schatzkästlein. Mit seinen Einwürfen zu zeitgenössischen Problemen wie dem Verlust von Arbeitsplätzen durch Automation erweist er sich auf der Höhe der Zeit. Nun ist Stephen Hawking 75 Jahre alt geworden.

In einem vor sechs Jahren geführten Interview mit dem Guardian gab sich der Physiker Hawking pragmatisch wie ein IT-Admin: "Ich sehe das Hirn wie ein Computer, der aufhört zu funktionieren, wenn seine Komponenten versagen. Es gibt keinen Himmel oder ein Leben nach dem Tode für kaputte Computer, das ist ein Märchen für die, die sich im Dunkeln fürchten." Für Hawking gibt es noch ein Leben und Funktionieren, trotz 1963 diagnostizierter amyotropher Lateralsklerose. Er kann noch mit den Augen blinzeln, was dank Computer und Spezialbrille gelingt, ob auf Twitter über den Brexit oder auf Reddit über schwarze Löcher, künstliche Intelligenz und das Mysterium Frau. Selbst Talk-Shows scheute er nicht, zusammen mit Mitstreitern aus der großen Debatte über schwarze Löcher.

Diesen Gebilden hat sich Stephen Hawking mehrfach genähert. Zunächst beschäftigte er sich in seiner Dissertation mit dem Urknall vor allem mit dem Konzept der Singularität, das nach seiner Arbeit, die er zusammen mit Roger Penrose veröffentlichte prompt in die Informatik ausstrahlte: Die Arbeiten von Danny Hillis und Ray Kurzweil fußen auf den Annahmen der beiden Forscher. Sie besagen, dass die allgemeine Relativitätstheorie zwar zum Urknall führt, wenn man rückwärts rechnet, aber mit ihr den Urknall nicht erklären kann, ohne auf eine Quantentheorie der Gravitation zurückzugreifen – die es bis heute nicht gibt.

Im zweiten Schritt beschäftigte sich Hawking mit Schwarzen Löchern, die alles in sich aufsaugen, und nicht einmal Licht entrinnen kann. Am Ereignishorizont dieser Gebilde könnten sich Teilchenpaare tummeln, die sich im Vakuum laufend bilden und dauernd gegenseitig auslöschen. Flappsig erklärte er es so: "Es könnte ganze Antiwelten und Antileute aus Antipartikeln geben. Wenn Sie aber mal ihr Anti-Ich treffen, schütteln Sie bloß nicht seine Hand, denn Sie beide würden in einem grandiosen Lichtknall verschwinden." Gegen diesen Moment setzte Hawking die Idee, dass ein Teilchen am Ereignishorizont vom Schwarzen Loch geschluckt wird, das andere jedoch "entkommen" und als Teil der Hawking-Strahlung von der Existenz eines Schwarzen Loches künden kann.

Im dritten Schritt untersuchte Hawking, ob von einem kollabierenden Schwarzen Loch irgendeine Information/Materie übrig bleiben könnte. Er verneinte dies zunächst, verlor aber die wohl skurrilste Wette der theoretischen Physik. Im Zuge dieser Kehrtwende beschäftigt sich Hawking heute mit der Frage, ob die Annahmen über den Ereignishorizont verändert werden müssen.

Abseits seiner populärwissenschaftlichen Bücher ist Hawking interessierten Laien heute als Warner vor den Auswirkungen der künstlichen Intelligenz in Erinnerung, aber auch als Befürworter der Raumfahrt. So, wie er als ALS-geschädigter Gefangener seines Körpers ist und der Krankheit trotzen konnte, dürfe die junge Menschheit nicht Gefangene der Erde sein, die von der Ressourcen-Plünderung und Überbevölkerung ruiniert werde. Aber: "Wir müssen uns nur selbst anschauen, um zu sehen, wie intelligentes Leben sich zu etwas entwickelt, was wir nicht wirklich treffen möchten", so Hawking in einer Fernsehsendung über Außerirdische.

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(anw)