Human Rights Watch: Populismus kann zur Tyrannei führen

Menschenrechtler schlagen Alarm: Der Populismus der Marke Trump gefährde zunehmend grundlegende Rechte. Schon macht das Wort Tyrannei die Runde. Human Rights Watch kritisiert aber auch den staatlichen Umgang mit den Snowden-Enthüllungen.

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Donald Trump (Bild: )

(Bild: Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Melanie Höhn
  • dpa
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Ein Mann, der massenhaft Einwanderer abschieben und Frauenrechte einschränken will und den Einsatz von Folter gutheißt, wird neuer Präsident der USA. Im Kreml herrscht ein autoritärer Präsident und in China werden Kritiker so hart verfolgt wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Human Rights Watch (HRW) schlägt Alarm: Der aufstrebende Populismus und die Politik der harten Hand in vielen Teilen der Welt sei eine massive Gefahr für den Kampf für Menschenrechte. Die Menschenrechtsorganisation warnt aber auch davor, das Internet als Feind zu sehen und kritisiert, dass trotz der Snowden-Enthüllungen vielerorts die Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste ausgeweitet worden seien.

Der Jahresbericht der Organisation, am Donnerstag in Washington vorgestellt, stellt aber diesmal politischen Populismus ins Zentrum. Zuvor hatten bereits andere Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International vor dem aufstrebenden Populismus und seinen Auswirkungen auf den Umgang mit Menschenrechten gewarnt.

Die Angst ist groß: Nicht einmal alte Enttarnungsstrategien funktionierten mehr: Politiker protzten mit Menschenrechtsverletzungen und bekämen dafür sogar noch Applaus. Der Hohe Kommissar für Menschenrechte bei der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR, Seid al-Hussein, verglich den aufkeimenden Populismus gar mit den Methoden der Terroristen des Islamischen Staates.

Kenneth Roth, Executive Director von Human Rights Watch, blickt ebenfalls mit Sorge auf die Entwicklung. "Das weltweite Aufkommen von Populismus ist eine äußerst gefährliche Bedrohung der Menschenrechte", sagte Roth. In dem 687-seitigen Bericht werden Menschenrechtspraktiken in mehr als 90 Ländern analysiert. Eine neue Generation autoritärer Populisten versuche, den Menschenrechtsschutz zu untergraben.

Ein eindringliches Beispiel für eine Politik der Intoleranz sei der Wahlkampf Donald Trumps in den USA. Seine Kampagne habe Hass und Intoleranz geschürt, seine Rhetorik lehne die grundlegenden Prinzipien von Würde und Gleichheit ab – damit habe Trump jene Menschen erreicht, die unzufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Lage und der zunehmend multikulturellen Gesellschaft seien, schrieb Roth in seinem einleitenden Essay des World Reports.

Falls Trump sich nicht von diesen Vorhaben lossage, drohe seine Regierung innenpolitisch schwere Menschenrechtsverletzungen zu begehen und sich außenpolitisch von dem bewährten überparteilichen Konsens zu lösen. "Menschenrechte müssen die Grundlage der Außenpolitik bilden – so unzureichend dies bisweilen auch umgesetzt wurde", sagte Roth. Den künftigen Außenminister der USA, den früheren ExxonMobil-Mananger Rex Tillerson, sieht Roth kritisch: "Er repräsentiert eine Veränderung der Außenpolitik und hangelt sich von Ausrede zu Ausrede, um keine Stellung zu beziehen."

Der Menschenrechtler warnt: "Trump und auch europäische Politiker versuchen durch Rassismus, Fremden- und Frauenfeindlichkeit oder Nativismus, an die Macht zu gelangen. Sie alle behaupten, die Öffentlichkeit akzeptiere Menschenrechtsverletzungen als angebliche Notwendigkeit, wenn dadurch Arbeitsplätze gesichert, kulturelle Veränderungen verhindert oder Terroranschläge gestoppt werden." Diese Geringschätzung der Menschenrechte könne mit großer Wahrscheinlichkeit in die Tyrannei führen.

Auch der immer stärker werdende Einfluss populistischer Parteien, die grundlegende Menschenrechte missachteten, bringe das Menschenrechtssystem der Nachkriegszeit in Gefahr, betont der HRW-Chef. Auf die Wahlen in Europa in diesem Jahr blickt er mit Sorge – am größten schätzt er die Chance der Populisten in Frankreich ein. Deutschland sieht er dagegen vergleichsweise stabil: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei die stärkste europäische Gegnerin von Intoleranz. (mho)