Zahlen, bitte! 6 Minuten Schwerelosigkeit für Ham

Heute vor 56 Jahren trat der Schimpanse Ham seinen Flug ins Weltall an. Sechs Minuten lang ist er schwerelos und löst Reaktionsaufgaben. Damit ebnete er – mit anderen Tieren – den Weg für die bemannte Raumfahrt der USA.

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Zahlen, bitte! 6 Minuten Schwerelosigkeit für Ham
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Im zarten Alter von vier Jahren eine Ausbildung zum Astronauten anzutreten, ist schon beeindruckend. Schimpanse Ham hat dies Anfang der 60er-Jahre vorgeführt und wurde schließlich am 31. Januar 1961 durch die Nasa von Cape Canaveral hoch hinausgeschickt. Als erster Schimpanse erreicht er mit dem Flug Mercury-Redstone 2 eine Höhe von 253 Kilometer. Dort verbringt er – länger als geplant – sechs Minuten in der Schwerelosigkeit. Dass er das gut verträgt, zeigt er durch die Erfüllung einer Aufgabe: Während des Flugs muss er auf Lichtsignale hin Hebel betätigen. Ham liefert damit nicht nur Reaktionszeiten, sondern gibt der Nasa auch Hinweise darauf, wie die Schwerelosigkeit einen Organismus beeinflusst, der dem Menschen in Körperbau und Reaktion sehr ähnlich ist.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Dabei war es seinem guten Gesundheitszustand, seiner Robustheit und seiner Lernfähigkeit zu verdanken, dass Ham diesen Dienst leisten konnte. Ursprünglich im Regenwald Kameruns geboren, kam er mit 40 anderen Schimpansen auf die Holloman Air Force Basis. Trainer brachten den angehenden Raumfahrern die erforderliche Aufgabe bei. Ein Stückchen Banane winkte als Belohnung, wenn sie bei einem blauen Blinklicht rechtzeitig Hebel drückten. Ham schaffte es unter die "Finalisten" und gehörte zu den sechs ausgewählten Tieren, die nach Cape Canaveral überführt wurden.

Am Tag vor dem Flug fällt die Wahl schließlich auf das Männchen Ham und das Weibchen Minnie als Reserve. Am nächsten Morgen bereitet man den Schimpansen vor: Anschluss an Sensoren, Anziehen des Raumanzugs und zur Raumkapsel bringen. Um 11:55 Uhr ist es soweit und das Mercury-Raumschiff hebt ab. Es ist ausgestattet mit einem Lebenserhaltungssystem, Lageregelung, Bremsrakten, Sprechfunk, Abbruch-Sicherheitssystem und einem pneumatischen Landekissen. Telemetrie-Sender in der Kapsel senden medizinische Daten von Ham und technische Daten zur Erde.

Schon zwei Minuten nach dem Start beginnen für Ham die sechs Minuten Schwerelosigkeit. In Minute fünf ist das Mercury-Raumschiff auf seinem höchsten Punkt, während Ham seine Reaktionstests absolviert. Um 12:12 Uhr wassert die Mercury 679 Kilometer von Cape Canaveral entfernt. Ham ist unversehrt und wird von einem Hubschrauber-Team an Bord des Bergungsschiffes USS Donner gebracht.

Wenngleich der Schimpanse Ham wieder heil auf der Erde landete, der Flug an sich verlief nicht nach Plan. Die Rakete wich von ihrem Kurs ab, das Triebwerk schaltete früher ab, ein Drucksausgleichsventil öffnete sich vorzeitig, dadurch fiel der Kabinendruck. Für Ham war das jedoch ungefährlich, da er sich in einer separaten Druckkapsel mit eigenem Versorgungssystem befand. Bei der Wasserung jedoch sorgte das geöffnete Ventil dafür, dass Wasser in die Kabine eintrat. Weitere Löcher vergrößerten die Gefahr, dass die Kabine versank. Die Rettung kam jedoch rechtzeitig – und besiegelte damit den Grundstein für den ersten US-Flug eines Menschen in den Orbit. Am 5. Mai 1961 flog Alan Shepard genau wie Ham mit einer Redstone-Rakete ins All.

Ham und weitere Tiere in der Raumfahrt (7 Bilder)

Etwa vier Jahre soll der Schimpanse Ham gewesen sein, als er seinen Flug in den Weltraum antrat.
(Bild: Nasa / Johnson Space Center)

Ham war nicht der erste Affe im All und beileibe nicht das erste Tier, das Weltraum-Erfahrung sammelte. Pioniere waren 1947 zunächst Fruchtfliegen. Ein Jahr später machte sich der Rhesusaffe Albert mit einer V2 auf den Weg, erreichte aber mit 63 Kilometern Höhe nicht den Weltraum. Albert überstand den Flug nicht und erstickte in seiner Kapsel. Sein Erbe tritt Albert II 1949 an. Er erreicht tatsächlich den Weltraum. Aufgrund eines Fehlers im Fallschirm, überlebt aber dieser tierische Astronaut den Aufprall bei der Landung nicht. Albert III und Albert IV ist kein besseres Schicksal beschieden. Ebenso wenig wie dem Totenkopfaffen Gordo, der im Dezember 1958 acht Minuten in der Schwerelosigkeit verbringt. Erst Miss Able (Rhesusaffe) und Miss Baker (Totenkopfaffe) sind am 28. Mai 1959 die ersten Primaten, die den Weltraumflug überleben. Es folgen 1959 der Rhesusaffe Sam und im Januar 1960 Miss Sam, bevor schließlich Ham an der Reihe ist. Nach seinem Weltraum-Abenteuer lebte der Schimpanse übrigens im Washingtoner Zoo und später im North Carolina Zoological Park. Dort verstarb er 1983 an Altersschwäche.

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Während sich die Amerikaner vorrangig auf Affen als Astronauten-Kandidaten konzentrierten, setzte die sowjetische Raumfahrt vielmehr auf Hunde. Dezik und Tsygan waren 1951 die ersten Hunde im Weltraum. Am 3. November 1957 hob die Hündin Laika an Bord von Sputnik 2 ab und war das erste Tier in einer Umlaufbahn. Sie starb allerdings aufgrund von Überhitzung und Stress, wie man heute weiß. Das Pärchen Belka und Strelka umkreiste im August 1960 mit Sputnik 5 einen Tag die Erde. Sie kehrten lebend auf die Erde zurück. Ihnen folgen Ptscholka und Muschka in Sputnik 6, sie verglühen allerdings beim Wiedereintritt in die Atmosphäre aufgrund eines Raketendefekts. Sputnik 9 reist mit dem Hund Tschernuschka und mit Mäusen und einem Meerschweinchen los. Der Hund Swjosdotschka ist im März 1961 in Sputnik 10 schließlich der Wegbereiter für Juri Gagarin, der am 12. April 1961 der erste Mensch im All ist. (jle)