Hintergrund: Nach Fake News nun "Fake Photos"

Frei nach dem Motto "ein Bild sagt mehr als tausend Worte" werden nicht mehr nur News, sondern auch Fotos manipuliert. Aber sind gefälschte Nachrichten und gefälschte Fotografien wirklich ein neues Phänomen?

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Hintergrund: Nach Fake News nun "Fake Photos"

Stimmung machen mit Bildern. Die Aufnahme stammt aus 2005, soll aber Biker auf dem Weg zur Amtseinführung von Donald Trump zeigen.

(Bild: twitter)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Th. Fischer
Inhaltsverzeichnis

Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten herrscht viel Aufregung um sogenannte "Fake News". Haarsträubende Geschichten sollen Meinung machen, Menschen manipulieren und Gefühle erzeugen. Auch in Deutschland gab es schon einzelne Fälle. So wurde die Grünen-Politikern Renate Künast auf Facebook mit einem gefälschten Kommentar zitiert. In dem Fall von Künast wurde als Quelle die renommierte Süddeutsche Zeitung angegeben, die jede Beteiligung aber weit von sich wies.

Die Verbreiter der Fake News scheuen sich aber auch nicht davor, ganze Zeitschriften einfach zu erfinden. So musste die Denver Post darauf hinweisen, dass es gar keinen "Denver Guardian" gibt, der eine Story über einen angeblichen toten FBI-Agenten verbreitet haben soll. Einen weiteren Fall deckte die New York Times nun auf. Nach Angaben der Times setzte der Trump-Anhänger Cameron Harris die Webseite ChristianTimesNewspaper.com in die Welt und veröffentlichte dort unter anderem eine frei erfundene Geschichte über angeblich gefälschte Stimmen für Hillary Clinton, die in einem Lagerhaus gefunden worden sein sollen.

Die erfundenen Fakten reichten Harris jedoch nicht. Er dachte sich auch die Kunstfigur Randall Prince aus, um seiner Geschichte mehr Authentizität zu verleihen. Als Beleg klaute Harris ein Bild der britischen Zeitung The Birmingham Mail, das einen Arbeiter mit mehreren „Ballot Boxen” zeigt. Um die Fälschung zu vertuschen, manipulierte Harris das Bild und schwärzte einen Teil der Beschriftungen. ChristianTimesNewspaper.com ist mittlerweile offline. Auf Archive.org ist die Seite jedoch weiter zu sehen.

Die Webseite ChristianTimesNewspaper.com, auf der unter anderem das gefälschte Bild mit den Wahlboxen veröffentlicht wurde, ist nur noch über Archive.org erreichbar.

(Bild: Archive.org)

Weder Fake News noch Fake Photos sind jedoch ein neues Phänomen. Im Laufe der Geschichte wurden immer wieder Dokumente, Nachrichten und später auch Fotografien gefälscht. Eine Übersicht findet sich etwa in der Terra-X-Dokumentation "Erfundene Geschichte" und in dem Buch "Bild-Legenden:Fotos machen Politik, Fälschungen, Fakes, Manipulationen" von Hans Becker von Sothen (Ares Verlag, 272 Seiten, gebundene Ausgabe, 19,90 Euro, ISBN 978-3-902732-04-0). Neu ist allerdings der Einfluss sozialer Medien wie Facebook, über die gefälschte Nachrichten – und zugehörige Aufsehen erregende Fotos – schnell eine enorme Verbreitung erfahren können.

Ein weiteres aktuelles Beispiel für Fake Photos veröffentlichte das amerikanische News-Blog ThinkProgress.org, das vom Center for American Progress (CAP) betrieben wird. Ein von einem Twitter-Account verbreitetes Foto, das angeblich Tausende Biker zeigt, die auf dem Weg zur Amtseinführung von Trump gewesen sein sollen, stammt in Wahrheit von einer Webseite des amerikanischen Verteidigungsministeriums und wurde dort bereits 2005 veröffentlicht.

Vielleicht handelt es sich aber einfach nur um "alternative Fakten", wie die Trump-Beraterin Kellyanne Conway Aussagen des umstrittenen Pressesprechers Sean Spicer nannte. Man muss sich deswegen nicht wundern, dass die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort "postfaktisch” vor kurzem zum Wort des Jahres 2016 kürte. Die GfdS will damit darauf hinweisen, dass es "es in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen heute zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht". Immer größere Bevölkerungsschichten seien bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen bereitwillig zu akzeptieren. Aber ist das wirklich so ein neuer Trend? Beispielsweise dokumentiert das Bildblog schon seit mehr als zehn Jahren, welchen teilweise sehr lockeren Umgang das große Berliner* Boulevard-Blatt – und gelegentlich auch andere Medien – mit der Wahrheit pflegen.

* [Update: Ortsangabe wurde korrigiert] (keh)