Sammelklage wirft Apple gezielte FaceTime-Sabotage vor

Um Kosten zu sparen sowie einer Patentklage auszuweichen, habe Apple die FaceTime-Technik mit iOS 7 geändert und den Videotelefoniedienst anschließend in iOS 6 "absichtlich kaputtgemacht", so der Vorwurf. iPhone-Nutzer seien zum Update gezwungen worden.

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FaceTime

(Bild: Apple)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Leo Becker

Eine US-Amerikanerin hat Apple auf Schadenersatz verklagt, weil der Videotelefoniedienst FaceTime seit April 2014 plötzlich nicht mehr unter iOS 6 auf dem iPhone 4 und iPhone 4s funktioniert. Um Geld zu sparen und ein laufendes Patentverfahren zu umgehen, habe Apple die FaceTime-Verbindungstechnik mit iOS 7 umgestellt und zugleich einen "Plan ausgeheckt, um mehrere Millionen Nutzer zum Update zu zwingen", führt die Klägerin an. Um das zu erreichen, habe der Konzern FaceTime in der älteren iOS-Version "absichtlich kaputtgemacht".

Apple habe zugleich aber darum gewusst, dass der Umstieg auf iOS 7 für Besitzer eines iPhone 4 und iPhone 4s "hochgradig problematisch" ist, da das Update unter anderem zu "Langsamkeit und Abstürzen" führen kann und die Funktionalität der Geräte dadurch einschränkt, so ein weiterer Vorwurf der Klage.

FaceTime erlaubt Audio- und Videotelefonate über eine Internetverbindung.

Die Klägerin bezieht sich unter anderem auf interne E-Mails und Kommunikation zwischen Apple-Mitarbeitern, die offenbar im Rahmen des langjährigen Patentstreites zwischen dem iPhone-Hersteller und VirnetX bekannt wurden. FaceTime habe ursprünglich auf zwei Verbindungstechniken gesetzt, so die Klageschrift: eine Peer-to-Peer-Verbindung zwischen Anrufer und Angerufenem sowie eine "Relay"-Methode, bei der die Verbindung über einen Server erfolgt – letzteres habe jedoch für zusätzliche Kosten bei Apple gesorgt.

Nachdem eine Jury Apple der Verletzung von VirnetX-Patenten für schuldig befunden hatte, habe der Konzern die Peer-to-Peer-Verbindungsmethode abgestellt. Die nun nur noch über Relay-Server hergestellten FaceTime-Gespräche hätten aber zu monatlichen Kosten von mehreren Millionen Dollar geführt. Um dies zu verhindern, habe der Konzern eine neue Peer-to-Peer-Verbindungstechnik mit iOS 7 eingeführt – und einige Monate nach der Veröffentlichung des Updates dann FaceTime in iOS 6 "zerstört", um alle Nutzer zum Update zu zwingen, schreibt die Klägerin.

Am 16. April 2014 erklärte Apple, ein Fehler durch ein abgelaufenes Zertifikat könne dazu führen, dass sich keine FaceTime-Telefonate mehr führen lassen. Um den integrierten VoIP-Dienst wieder nutzen zu können, war ein Update fällig. Nutzer, die bewusst auf iOS 6 verblieben waren, mussten damit zwangsläufig auf iOS 7 aktualisieren, wenn ihr Gerät das unterstützt – so wie das iPhone 4 und iPhone 4s. iOS 6.1.6 veröffentlichte Apple ausschließlich für das iPhone 3GS sowie den iPod touch der vierten Generation, die iOS 7 nicht mehr installieren konnten.

Als Sammelklage soll das neue juristische Vorgehen alle US-Besitzer eines iPhone 4 und iPhone 4s umfassen. Apples seit über sechs Jahren bestehender Patentstreit mit VirnetX ist noch nicht abgeschlossen, zuletzt hat ein Gericht Apple zur Zahlung von gut 300 Millionen Dollar an den Patentverwerter verurteilt. (lbe)