IT-Neuorganisation in München: Gnadenfrist für LiMux

Die schwarz-rote Münchner Koalition hat sich darauf geeinigt, ein eigenes IT-Referat zu schaffen und die Rechnerlandschaften stärker zu koordinieren. Bis 2020 soll ein "einheitlicher städtischer Standard" für Bürosoftware kommen.

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Linux-Betriebssystem für Kommunen

(Bild: dpa, Peter Kneffel)

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Die regierenden Münchner Stadtratsfraktionen von CSU und SPD haben sich am Mittwoch auf Eckpfeiler verständigt, mit denen die kommunale Informations- und Kommunikationstechnik neu organisiert werden soll. Schwarz-Rot will dazu laut einer Mitteilung ein eigenes IT-Referat als Kommandozentrale einrichten. Der zuständige Technikchef soll noch 2017 seine Arbeit aufnehmen. Die anderen städtischen Referate behalten nach dem Willen der Koalition "kleinere, eigene IT-Einheiten". Diese sollen sich im Gegensatz zu bisher aber "künftig auf das fachliche Anforderungsmanagement konzentrieren".

Für die Münchner Rechnerlandschaften sind nach einer Verwaltungsreform 2012 momentan drei Häuser zuständig, über denen schon jetzt ein IT-Beauftragter steht. So gibt es neben dem zentralen Dienstleister für Informations- und Telekommunikationstechnik IT@M eine Stelle für das "dezentrale Informations-, Kommunikations-, und Anforderungsmanagement" (Dika) und eine für Strategie, Steuerung und Kontrolle (Strac). Der Eigenbetrieb IT@M soll fortan den neuen IT-Referat unterstellt werden; was mit den beiden anderen Einrichtungen passieren soll, scheint noch nicht geklärt.

Offen bleibt auch die Zukunft des Open-Source-Systems LiMux, das in der Rathausspitze seit 2014 kaum mehr Freunde hat. Das auf Linux basierende Betriebssystem läuft derzeit auf einem Großteil der rund 20.000 Behördenrechner und steht seit Jahren im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. "Den beiden großen Rathausfraktionen ist es ein Anliegen, dass künftig alle städtischen Beschäftigten mit nach intern und extern kompatiblen, modernen Bürosoftwareanwendungen arbeiten", heißt es zu dem Thema allgemein bei CSU und SPD. "Bis spätestens zum Jahr 2020 soll deshalb ein einheitlicher städtischer Standard erarbeitet werden."

Ein klares Bekenntnis zu LiMux sähe anders aus, der Client wird in der Koalitionsmitteilung nicht einmal erwähnt. Es ist nur die Rede davon, dass der skizzierte IT-Referent gemeinsam mit Kollegen aus anderen Steuerungsabteilungen die Aufgabe habe, bis zum vorgegebenen Stichtag "geeignete Anwendungsprogramme einzusetzen".

"Strategisches Ziel" muss es dem Beschluss nach sein, dass die städtischen Computerprogramme "unabhängig vom Betriebssystem des Endgerätes funktionieren". Dies sei auch deshalb wichtig, "weil zunehmend mobile Endgeräte zum Einsatz kommen, die weder unter Linux noch unter Microsoft laufen". Schon heute funktioniere aber der Großteil der städtischen Fachanwendungen reibungslos. Nun gehe es darum, "künftig eine noch leistungsstärkere, stabilere und bürgerfreundliche Verwaltung zu etablieren, die Dienstleistungen dann auch verstärkt online anbietet".

"Unsere städtische IT muss einfach funktionieren", betonte Kristina Frank, Sprecherin der CSU-Fraktion im federführenden Verwaltungsausschuss. Die Entscheidung für ein "schlankes IT-Referat" schaffe klare Verantwortungsstrukturen. Der nicht näher umrissene "technische Marktstandard" müsse dabei auch für die städtische IT gelten.

"Momentan dauert es in vielen Fällen einfach viel zu lange und kostet enorm viel Geld, bis wir Software, die oft als Standardprodukt auf dem Markt verfügbar ist, bei der Stadt im Einsatz haben", ergänzte die IT-Sprecherin der SPD-Fraktion, Anne Hübner. Das müsse sich ändern, damit München "in einer zunehmend digitalen Dienstleistungsgesellschaft konkurrenzfähig bleibt".

Mit dem neuen Kurs folgt Schwarz-Rot weitgehend Empfehlungen des Beratungshauses und Microsoft-Partners Accenture. Die Firma hatte der Verwaltung in einem Gutachten zur IT-Leistungsfähigkeit im Herbst nahegelegt, IT-Verantwortlichkeiten stärker zu bündeln und aus LiMux auf Raten auszusteigen. Prüfen will die Koalition auch noch den Vorschlag, statt des Referats mittelfristig eine eigene "Betriebs-GmbH" für die Computerlandschaften zu gründen. Die IT in Schulen und Kitas soll zunächst in eine den Stadtwerken angegliederte Gesellschaft integriert werden.

Die Opposition ist mit dem "halbscharigen" Plan unzufrieden. Es sei nicht zu erkennen, wie dieser "das zentrale Problem der Zersplitterung lösen soll", monierte etwa der Fraktionschef der Grünen, Florian Roth. Damit würden "nicht alle Teile der IT zusammengeführt, sondern es entsteht ein neuer, unübersichtlicher Fleckerlteppich". Zudem weiche die Koalition der Frage nach der Zukunft des Betriebssystems Linux aus. Die Grünen fordern – ähnlich wie die Piraten – ein "klares Bekenntnis zur Open-Source-Strategie und keinen Rückfall zum Quasi-Monopolisten Microsoft". (axk)