Die Digitalisierung der Medizin: "Pay as you live" ein Leben lang

Anlässlich des MWC treffen sich Vordenker im Gesundheitswesen, um zu diskutieren, wie VR, Spiele und vernetzte Technik Patienten helfen kann - oder dabei, gar nicht krank zu werden. Die Digitalisierungswelle im persönlichen Gesundheitsmanagement rollt an.

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Medizintechnik: "Pay as you live" ein Leben lang

(Bild: dacadoo)

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Per App hat der Anwender immer seinen Health Index im Blick.

(Bild: dacadoo)

Peter Ohnemus, Chef und Gründer des Unternehmens dacadoo, will jedermann helfen, seine Fitness im Auge zu behalten und zu verbessern. Sein Unternehmen verarbeitet dazu alle Daten, die es über die Gesundheit seiner Nutzer erhält. Dazu zählen die Daten von Fitnesstrackern und Smartphones. Daraus berechnet dacadoo einen Gesundheitsscore (Health Score) zwischen 1 (niedrig) und 1000 (sehr gesund).

Anwender können ihren Health Score in der dacadoo-App jederzeit einsehen und sie werden mit persönlichem Feedback dazu ermutigt, ihren Health Score zu verbessern. dacadoo soll Krankheiten wie Krebs oder Diabetes früh erkennen helfen. Der Dienst bietet auch Vorteile für Lebens- und Krankenversicherungen, die mit den Daten ihre Tarife wesentlich besser anpassen können.

Für Ohnemus ist klar, dass dahin der Zug fährt: "Die Welt wird komplett 'Pay as you live'-basiert". In Deutschland arbeitet dacadoo mit der AOK und der DAK zusammen.

Was ist jetzt zu tun? Szene aus dem Serious Game Emerge.

(Bild: Patientzero Games)

Fast schon traditionell hielt die European Connected Health Alliance (ECHAlliance) im Rahmen des Mobile World Congress ihren "Digital Health & Wellness Summit 2017 @ 4YFN" ab (DHWS). Die ECHAlliance sieht sich selbst als eine Art Bindeglied zwischen Wirtschaft, Forschung und Politik, die sich dem "nachhaltigen Wandel und Disruption im Gesundheits- und Sozialwesen" verpflichtet fühlt. Mehr als 500 Organisationen gehören der ECHAlliance an. Dazu zählen Firmen, politische Organisationen, Forschungsstätten und Versicherungen.

Obwohl die Nonprofit-Organisation Europa im Namen führt, ist sie längst über die Grenzen der alten Welt hinaus tätig, zum Beispiel in den USA, Kanada und China. Und obwohl sie eine Nonprofit-Organisation ist, hat sie vor allem die wirtschaftliche Seite, den Gesundheitsmarkt im Blick. Der ist allein im Krankenversicherungswesen weltweit 1,3 Billionen Dollar pro Jahr groß - und die Zahl ist kein Übersetzungsfehler. Kein Wunder also, dass sich Start-ups und Versicherer zum Beispiel mit neuen, smarteren Lösungen und Geschäftsmodellen beschäftigen.

Die ECHAlliance hat einen Track ihrer Tagung dem Management von Diabetes gewidmet. Mit dem Dienst Changing Health beispielsweise überwacht der Patient Gewicht, Aktivitäten und Ernährung. Online stehen ihm jederzeit Coaches bereit, die ihm bei Fragen helfen. So soll er seinen Lebensstil in den Griff bekommen und die härteren Folgen der Krankheit vermeiden können, etwa Amputationen.

Andere Themen: Die Behandlung von Krankheiten mit VR und Spielen sowie Corporate Wellness. Das Serious Game Emerge etwa soll angehende Ärzte in der Notaufnahme spielerisch auf ihre Aufgabe vorbereiten. Anhand echter Fälle können sie ihr erlerntes Wissen unter simulierten Stressbedingungen unter Beweis stellen – und vermeiden im richtigen Leben Fehldiagnosen. Withings stellt schon lange nicht mehr nur smarte Gadgets her, sondern betreibt auch ein Corporate-Wellness-Programm, mit dem Arbeitgeber ihre Angestellten zu einer gesunderen Lebensweise anhalten sollen.

Schöne neue digitale Medizinwelt: Vielleicht können ja wirklich Apps, Gadgets und Cloud-Dienste Patienten insbesondere mit chronischen Krankheiten helfen, ihre Gesundheit besser in den Griff zu bekommen – und gesunden Menschen dabei unterstützen, niemals krank zu werden. So euphorisch, wie in Barcelona die positiven Seiten der vernetzten Medizin herausgestellt wurden, ist es jedenfalls wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch im Gesundheitswesen die Digitalisierungswelle so richtig losläuft. (jo)