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Pokemon Go: Kognitive Dissonanz in der Augmented Reality

Pokemon Go bringt Spieler weg vom Sofa und raus ins Freie. Die Augmented Reality ermutigt sie dazu, ihre Umgebung zu entdecken, stellt Entwickler aber vor besondere Herausforderungen.

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Pokemon Go: Kognitive Dissonanz in der Augmented Reality

Tageszeiten für Spielkarten wurden zum Launch von Pokemon Go nicht fertig - könnten aber noch nachgereicht werden

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Inhaltsverzeichnis

Wie bringen wir die Leute dazu, sich zu bewegen? Das war laut Dennis Hwang von Niantic die grundlegede Frage, die die Entwicklung von Ingress und Pokemon Go vorangetrieben hat. Auf der GDC 2017 erläutert Hwang, wie die Augmented Reality Smartphone-Nutzer zu mehr körperlicher Aktivität ermutigen kann. „Unser Ziel war es, die Gewohnheiten von Menschen zu ändern. Wenn jemand auf dem Weg zur Arbeit ein paar Umwege macht, dann sind wir glücklich.“

Mit Ingress kam Niantic dieser Ambition schon recht nahe, erst mit Pokemon Go gelang allerdings der Durchbruch. „Wir wollten mit Pokemon ein noch größeres Publikum erreichen“, erinnert sich Hwang. „Alle Altersklassen, Männer und Frauen.“ Um für Motivation zu sorgen, setzt Niantic dabei auf klassische Elemente des Game-Designs: Belohnungen etwa, oder die Möglichkeit, stärker zu werden. Besonders stark ausgeprägt ist bei Pokemon Go der soziale Aspekt – selbst Niantic war überrascht von dem Hype, den das mobile Taschenmonster-Sammelspiel verursachte. Zu Stoßzeiten war die Belastung der Server 50 mal so hoch wie erwartet.

Möglich macht das die Augmented Reality, die Verknüpfung von virtuellen Inhalten mit Orten aus der realen Welt. Diese Kombination stellt Entwickler vor eine besondere Herausforderung. Hwang beschreibt das Phänomen der kognitiven Dissonanz: Das Spielgeschehen auf dem Bildschirm stimmt nie komplett mit der Realität überein. Der Spieler bekommt also zwei Inputs, die ihm verschiedene Eindrücke geben.

Diese Dissonanz will Niantic möglichst gering halten. Keine leichte Aufgabe wie Hwang anhand des Karten-Designs erklärt: „Unsere Spielkarte sollte funktional und klar lesbar sein, so wie Google Maps. Gleichzeitig musste sie aber auch interessant und freundlich aussehen, um zu Pokemon zu passen.“ Während der Entwicklung gab es daher verschiedene Versionen der Map, manche nüchtern, andere kunstvoll mit bunten Farben oder spriesender Vegetation. Letztlich entschied man sich für einen Kompromiss.

Shader sind in Pokemon Go möglichst simpel gehalten, um Datenvolumen einzusparen.

Auch beim Design des Spieler-Avatars stand Niantic vor dieser Herausforderung. Der Charakter auf dem Smartphone sieht nicht so aus wie der Spieler selbst – wieder kommt es zur kognitiven Dissonanz. Niantic experimentierte daher damit, den Avatar komplett zu abstrahieren. In einer frühen Version von Pokemon Go schwebte daher ein Hologramm über den Bildschirm. Dieses Design wurde schließlich aber verworfen.

Da Pokemon Go die Nutzer zur Aktivität animieren sollte, musste die App auch bewegungsfreundlich gestaltet werden. Die Benutzeroberfläche wurde so gestaltet, dass sich alle wichtigen Steuerungselemente in Reichweite der Daumen befinden, damit man das Smartphone jederzeit fest in der Hand halten kann. So stellte Niantic auch sicher, dass Pokemon Go im Zweifelsfall mit nur einer Hand gesteuert werden konnte. Hwang outet sich außerdem als Fan von Swipe-Gesten, die ebenfalls zu einem großen Bestandteil des Steuerungskonzepts wurden. Eine Herausforderung war es außerdem, den Verbrauch von Datenvolumen möglichst gering zu halten.

Die Aufregung um Pokemon Go flachte nach einigen Wochen erheblich ab, aber Niantic hat die App noch nicht abgeschrieben. „Wegen Zeitbeschränkungen haben wir nur um die zehn Prozent unserer Ideen wirklich ins Spiel gebracht“, sagt Hwang. „Wir wollen noch viel davon nachliefern“. Beispielsweise soll die Immersion noch weiter verbessert werden, etwa, indem Wetter und Tageszeiten besser auf dem Bildschirm dargestellt werden. Und spezielle soziale Events, wie es sie bei Ingress gibt, sollen auch bei Pokemon Go umgesetzt werden. Vielleicht nimmt das Sammelabenteuer also nochmal Fahrt auf.

(dahe)