MWC

Videostreaming: Netflix quetscht für Mobilgeräte mehr Bildqualität aus den Bits

Der Videodienst hat angekündigt, in den kommenden Monaten mit einem Wechsel auf den Codec VP9 und den Einsatz seines "Dynamic Optimizers" die benötigte Datenrate bei der Wiedergabe auf Smartphones drastisch zu senken.

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Videostreaming: Netflix quetscht für Mobilgeräte mehr Bildqualität den Bits

(Bild: heise online / Nico Jurran)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Jurran

Ende 2015 hatte Netflix eine Qualitätsoffensive gestartet, bei dem durch eine auf den jeweiligen Titel angepasste Kompression die Bildqualität optimiert wurde. Nun teilte der Videostreaming-Dienst am Rande des MWC in Barcelona mit, in den kommenden Monaten einen Schritt weiter zu gehen, um für die Wiedergabe auf Mobilgeräten wesentlich mehr Bildqualität aus noch weniger Bits herauszuquetschen.

Dabei nutzt der Dienst einen zweiteiligen Prozess: Zum einen komprimiert Netflix seine Videos für Mobilgeräte künftig in Googles lizenzgebührenfreien, offenen Format VP9 statt wie bisher in H.264. Den Codec habe man gegenüber HEVC (H.265) den Vorzug gegeben, weil sich dort an mehr Parametern drehen ließe. Zudem wird VP9 von Android seit Version 4.4 (KitKat) unterstützt. Auf Nachfrage schloss Netflix nicht aus, den Codec auch künftig für Videostreams zu nutzen, die an Fernseher ausgeliefert werden.

Vor allem aber kommt bei der Komprimierung künftig der "Dynamic Optimizer" zum Einsatz, eine Eigenentwicklung des VoD-Dienstes, der jeden Film Einstellung für Einstellung analysiert. Je nach Komplexität des Bildinhaltes bestimmt der Algorithmus dann die nötige Bitrate. Diese Beurteilung liegt damit zwischer einer Frame-für-Frame- und einer Szene-für-Szene-Analyse. Für langsame Kamerafahrten oder weiche Übergänge können die Netflix-Techniker manuell in den Kodierprozess eingreifen.

Den Optimzer entwickelte Netflix nach eigenen Angaben, weil man mit der eingangs angesprochenen angepassten Kompression an Grenzen gestoßen sei – beispielsweise bei der Zeichentrickserie um Barbie, in der immer wieder Glitter das gesamte Bild füllte, was den bisherigen Algorithmus aus den Takt bringt.

Für eine praktisch identische Bildqualität benötigt die neue Kodiermethode nur noch die Hälfte der bisher nötigen Datenrate.

(Bild: heise online / Nico Jurran)

Der Autor konnte sich bereits ein Bild von der Qualität des neuen Ansatz machen. Und tatsächlich war der Unterschied zwischen zwei mit jeweils 100 kBit/s komprimierten Videos (ohne Audiospur) – einmal mit H.264 und einmal mit VP9 und Dynamic Optimizer – mit bloßem Auge auf einem Smartphone deutlich erkennbar: Das nach der neuen Methode komprimierte Video wies deutlich weniger Klötzchen-Artefakte auf und war deutlich schärfer als die alte Fassung.

Bei zwei Videos mit identisch hoher Bildqualität waren Unterschiede mit bloßem Auge auf dem Mobilgerät wiederum praktisch nicht zu erkennen – obwohl die Bitrate mit VP9 und Dynamic Optimizer mit 277 KBit/s lediglich halb so hoch war wie die H.264-Fassung (wiederum ohne Audiospur).

Das von Netflix genutzte adaptive Streaming, bei dem die Bitrate je nach zur Verfügung stehender Bandbreite in mehreren Stufen hoch- beziehungsweise runtergefahren wird, bleibt auch mit dem neuen Verfahren laut Netflix voll nutzbar.

Einen konkreten Starttermin nennt Netflix noch nicht – was laut Videodienst daran liegt, dass vor dem offiziellen Start der Großteil des Katalogs nach dem neuen Verfahren neu kodiert und abrufbereit sein soll. (nij)