3D-Drucker Leapfrog Bolt im Test

Jetzt kommt Bewegung in die Technik von 3D-Druckern, die mit mehreren Materialien parallel arbeiten. Der Hersteller Leapfrog hat seine eigene Methode entwickelt, um die gerade nicht genutzte Düse aus dem Weg zu räumen.

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(Bild: Leapfrog)

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Zugegeben: Ein 3D-Drucker für 6000 Euro sprengt eigentlich das Beuteschema der Make-Redaktion, denn kaum ein FabLab wird sich eine so teure Maschine zulegen – von privaten Anwendern ganz zu schweigen. Dass wir uns den Leapfrog Bolt dennoch selbst ausprobiert haben, hat zwei Gründe: Zum einen hat der niederländische Hersteller für diese Maschine eine ganz eigene Technik entwickelt, um ein notorisches Problem beim Druck mit zwei Köpfen respektive Materialien parallel in den Griff zu bekommen – dazu gleich mehr. Zum anderen beobachten wir seit unserem (wiederholten) Test des Creatr HS desselben Herstellers die Firma Leapfrog und ihre Entwicklungen mit besonderem Interesse.

3D-Drucker Leapfrog Bolt mit zwei Köpfen (9 Bilder)

Der Leapfrog Bolt hat ein komplett geschlossenes Gehäuse, dass die Wärme von beheiztem Drucktisch und den Extrudern im Inneren hält. Gegen giftige Dämpfe, die etwa bei der Arbeit mit ABS entstehen, soll ein Aktivkohlefilter für die Abluft helfen.
(Bild: Leapfrog)

Um die Maschine überhaupt testen zu können, ließ uns die c't-Redaktion freundlicherweise in ihr Druckertestlabor, doch auch dort reizten wir die Größe der Testkabinen nahezu aus: Der Bolt misst außen 72,3 cm × 83,1 cm × 80,1 cm; das Gerät wiegt über 60 Kilo und war nur mit vereinten Kräften auf den Tisch zu hieven. Man bedient es bequem über einen großen Touchscreen. Im Inneren werkelt ein Raspberry Pi 3, der gleich auch WLAN mitbringt. Ein Update während des Testzeitraums kam per LAN-Anschluss direkt auf das Gerät, das während unserer gesamten Experimente kein einziges Mal per USB an einen Rechner angeschlossen werden musste. Sämtliche Wartungsvorgänge und auch Materialwechsel erledigt man bequem per Fingertipp. Nach dem erwähnten Update erschien das Menü auf Wunsch auch mit deutschen Beschriftungen.

3D-Druck

Der Sammelbegriff 3D-Druck steht heute für ein ganzes Bündel von Fertigungstechniken, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren und sich jeweils nur für ganz bestimmte Materialien eignen. Ihr gemeinsamer Nenner: Alle Verfahren bauen dreidimensionale Objekte, indem sie Material in dünnen Schichten auftragen und verfestigen.

Das große Problem bei koventionellen Doppelkopfdruckern, die zwei Extruder in einer Einheit zusammenfassen, ist, dass die gerade nicht aktive Düse oft direkt über die frisch aufgeschmolzene Materialschicht aus der anderen Düse kratzt und diese beschädigt. Hat man ganz viel Pech, löst sich dabei das mühsam aufgeschichtete Objekt von der Plattform und der Druck ist gelaufen – leider ist das bei vielen älteren Doppelkopfdruckern Alltag. So erlebten wir es auch beim Vorgänger des Bolt, dem Creatr HS.

Einen Weg, dieses Problem zu umgehen, haben wir erst kürzlich beim Ultimaker 3 selbst testen können: Dieses Gerät fährt die jeweils ungenutzte Düse ein Stück höher als die gerade aktive, was in der Praxis gut funktionierte. Leapfrog ist hingegen auf eine andere Idee gekommen: Die beiden Extruder stecken in baulich getrennten Druckköpfen, die sich lediglich auf einer gemeinsamen X-Achse bewegen. Ihre Y-Position ist zwar stets identisch, aber der gerade nicht genutzte Kopf kann zur Seite gefahren werden und ist komplett aus dem Weg.

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Mit den in einer Dimension entkoppelten beiden Druckköpfen beherrscht der Bolt drei grundsätzlich unterschiedliche Betriebsmodi:

  • Sync: Die beiden Köpfe bewegen sich parallel und drucken auf jeweils ihrer Hälfte der Bauplattform zwei identische Kopien des Werkstücks – auf Wunsch auch aus unterschiedlichen Materialien.
  • Mirror: Wie Sync, nur dass eines der Objekte spiegelverkehrt gedruckt wird. Dieser Modus kann etwa nützlich sein, wenn symmetrisch aufgebaute Gehäuse in mehreren Teilen gedruckt werden sollen.
  • Dual Extrusion: Der Druck mit zwei Materialien im engeren Sinne. In jeder Schicht des 3D-Modells druckt zuerst der eine Kopf seinen Teil des Werkstücks, dann erfolgt ein Wechsel und der andere druckt danach seinen Part. Auf diese Weise entstehen Objekte, die zum Beispiel zweifarbig sind oder aus Materialien mit verschiedenen Eigeschaften bestehen, etwa steifen und flexiblen Teilen.

Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

Für den Sync- und Mirror-Modus reicht es übrigens, das Werkstück bei der Druckvorbereitung in der Software auf der richtigen Seite der Bauplattform zu platzieren, dann kann man direkt auf dem Touch-Display am Drucker einen der beiden Kopie-Modi wählen – oder auch ein einzelnes Objekt drucken.

Wie im Video zu sehen ist, geschieht bei Dual Extrusion der Wechsel zwischen den Köpfen in wenigen Augenblicken, was den Druck kaum verzögert. Die frisch aktivierte Düse wird an einer Gummilippe abgestreift und macht sich dann gleich über das Werkstück her; der zwischengeschobene Druck einer Kontrollfläche wie beim Ultimaker 3 entfällt. Dennoch gelingen dem Bolt saubere Drucke aus mehreren Materialien: Wie auch beim Ultimaker landeten in unserem Test am Ende die beiden Materialien genau dort, wo sie hinsollten und waren vor allem dort nicht zu finden, wo sie nicht hinsollten. Insofern funktioniert der von Leapfrog beschrittene Weg für Dual-Extrusion-Drucke gut.

Gerät Bolt
Hersteller / Vertrieb Leapfrog / u.a. 3Dmensionals
Bauraum 30 cm × 32 cm × 20,5 cm (bei Dual Extrusion)
Drucktisch Glasplatte, beheizt
Software Simplify3D oder Creatr (beides kostenpflichtig)
Filamentstärke 1,75 mm
Druck über.... USB-Stick, WLAN, LAN
Preis ca. 6000 €

Der Bolt ist ein mächtiges Gerät mit amtlicher Mechanik und erwies sich im Test als problemlos zu bedienen. Der Dual-Extrusion-Modus funktioniert gut, durch den geschlossenen Bauraum, die Heizleistung der Extruder (bis 360 Grad Celsius) und der Bauplattform (bis 90 Grad Celsius) eignet sich die Maschine für eine ganze Palette von Materialien. Unter anderem soll es auch möglich sein, ein Werkstück aus gewöhnlichem Kunststoff zu drucken und seine Überhänge mit dem wasserlöslichen Material PVA zu stützen, was hinterher weggewaschen wird – aus Zeitgründen haben wir das nicht selbst ausprobiert.

Wer hingegen größere Stückzahlen von Objekten braucht, die man aus einem Material druckt, wird den Sync-Modus schätzen, denn durch den parallelen Druck zweier Werkstücke halbiert sich effektiv die Zeit pro Exemplar – bei Druckzeiten von oft einigen Stunden ist das kein geringer Vorteil. Das alles hat natürlich seinen Preis und der ist beim Bolt eben vierstellig im mittleren Bereich. Dennoch bekommt man bei diesem Gerät relativ gesehen ziemlich viel 3D-Drucker pro Euro.

  • Der 3D-Drucker Bolt wurde uns vom Hersteller Leapfrog für begrenzte Zeit zur Verfügung gestellt.

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