Augmented Reality in real

Saarbrücker Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem digitale Objekte präzise im Raum platziert werden können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bisher ist die sogenannte Augmented Reality, die erweiterte Realität, eher ein Etikettenschwindel – statt einer mit digitalen Daten originalgetreu überlagerten Echtwelt zeigt sie oft nur pixelige Grafiken, die deplatziert im Raum herumstehen.

Forscher am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken haben nun neuartige fotorealistische AR-Effekte entwickelt. Dazu blenden sie nicht mehr einfach nur ein AR-Objekt in das laufende Kamerabild ein, sondern erzeugen das gesamte Bild neu.

Zur Demonstration verwandelte das Team um den Wissenschaftler Professor Christian Theobalt, der Leiter der Forschungsgruppe Graphics, Vision & Video ist, das rote T-Shirt einer Frau in ein blaues, ohne dass man das auf den ersten Blick erkennen könnte. "Indem wir blitzschnell für jedes Pixel die Beleuchtung und den Grad der Reflexion abschätzen und lediglich einen der beiden Faktoren verändern, bleibt der realistische Eindruck erhalten", so Theobalt – selbst wenn sich das Motiv dreht und wendet.

AR-Technik im Smartphone.

(Bild: Metaio)

Ändern die Forscher etwa den Reflexionsgrad, können sie andere Materialien vortäuschen. Mögliche Anwendungen sehen die Wissenschaftler bei Computerspielen oder beim virtuellen Anprobieren von Kleidung. Dazu müssen die Pixel genau passen.

Zwar bräuchten nicht alle AR-Anwendungen Fotorealismus, so Theobalt. In manchen Fällen könne dieser sogar unerwünscht sein, wenn zum Beispiel Anwendungen Text oder Diagramme im Blickfeld überlagern, diese Inhalte müssten gut erkennbar und nicht fotorealistisch sein.

Raumerfassung in der Software der MPI-Forscher.

(Bild: MPI)

"Aber für viele spannende und kommerziell wichtige Anwendungen braucht man diesen Fotorealismus in jedem Fall", so Theobalt. "Denken Sie an einen virtuellen Spiegel oder die Shopping-Anwendungen, bei denen man sehen möchte, wie Kleidungsstücke in unterschiedlichen Farben und Materialien an einem selbst oder wie neue Möbel in der eigenen Wohnung aussehen."

Wann Augmented Reality sich als Endkundenprodukt durchsetzen wird, will Theobalt allerdings nicht voraussagen. Zwar gibt es diverse Projekte etwa bei Microsoft (Hololens), Apple (zumindest gerüchteweise) und anderen großen IT-Firmen, im Massenmarkt ist die Technik aber noch nicht angekommen. "Ich denke, es wird eine schrittweise Entwicklung sein. Die Möglichkeiten von AR werden in den nächsten Jahren schrittweise ausgebaut und Teil von neuen Gerätegenerationen werden, was wir jetzt schon sehen."

Aur Rot wird Blau: AR-Software im Einsatz.

(Bild: MPI)

Mittlerweile sei die Forschung aber an einem Punkt, an dem eine Vielzahl einfacherer aber dennoch spannende AR-Informationsanwendungen möglich seien – auch bei AR-Spielen wie etwa dem höchst populären Pokémon Go. "Wenn man genügend solcher Anwendungen auf einer Plattform mit so vielen Usern wie beim iPhone ausrollt, wird die Technologie sicher ihren Weg in den Markt finden. Die Zukunft wird dann sicher eine Vielzahl neuer Geräte und Displays bringen, die schrittweise neue AR-Möglichkeiten eröffnen"; so der Saarbrücker AR-Forscher. (bsc)