US-Forscher sehen Zusammenhänge zwischen Facebook-Nutzung und Einsamkeit

Facebook will Menschen miteinander verbinden. Doch eine US-Studie deutet auf das Gegenteil hin: Je mehr Zeit junge Erwachsene in sozialen Medien verbringen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich einsam fühlen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 55 Kommentare lesen
Facebook

(Bild: dpa, Armin Weigel / Illustration)

Lesezeit: 3 Min.

Es klingt absurd: Je mehr Zeit junge Amerikaner bei Facebook, Instagram & Co. verbringen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich einsam fühlen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Medizinischen Fakultät der University of Pittsburgh, die das American Journal of Preventive Medicine veröffentlicht hat. Demnach seien soziale Medien kein Heilmittel, um Gefühle von Einsamkeit zu lindern.

Brian A. Primack und seine Kollegen von der Uni Pittsburgh befragten fast 1800 junge US-Amerikaner zu ihren Aktivitäten bei Facebook & Co.

(Bild: UPMC )

Als soziale Wesen suchen Menschen die Gesellschaft anderer, doch das moderne Leben führe eher zu einer Abschottung, sagt Dr. Brian A. Primack, Hauptautor der Studie. Obwohl soziale Medien eigentlich prädestiniert seien, die "soziale Leere" zu füllen, sind sie dafür nicht die beste Lösung. Psychische Probleme und soziale Isolation breiteten sich unter jungen Erwachsenen rasant aus, warnt Primack. Andere Studien lassen vermuten, dass soziale Isolation die Sterblichkeit erhöht.

Primack und seine Kollegen haben für die Studie 1787 US-Amerikaner im Alter von 19 bis 32 Jahre gefragt, wann und wie oft sie in sozialen Netzwerken aktiv sind. Die Wissenschaftler befragten die Teilnehmer außerdem über ihre persönlich wahrgenommene soziale Isolation. Zum Einsatz kam das "Patient-Reported Outcomes Measurement Information System", das die körperliche, psychische und soziale Gesundheit von Kindern und jungen Erwachsenen evaluieren und überwachen kann. Die Befragung wurde im Jahr 2014 durchgeführt und umfasste Aktivitäten in 11 sozialen Netzwerken, darunter Facebook, YouTube, Twitter und Instagram.

Das Ergebnis: Studien-Teilnehmer, die täglich mehr als zwei Stunden in sozialen Medien verbrachten, wiesen eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit auf, sich sozial ausgegrenzt zu fühlen als jene Teilnehmer, die weniger als eine halbe Stunde pro Tag bei Facebook & Co. verbrachten. Teilnehmer, die pro Woche 58-mal oder öfter soziale Medien nutzten, hätten sich dreifach so oft einsam gefühlt als diejenigen, die Online-Dienste weniger als neunmal pro Woche besuchten.

Die Forscher haben mehrere Theorien, warum soziale Medien die gefühlte soziale Isolation verstärken könnten:

  • Die Aktivitäten bei Facebook ersetzen soziale Erlebnisse. Denn je länger eine Person online ist, desto weniger Zeit bleibt für Interaktionen in der echten Welt, vermuten die Forscher.
  • Fotos auf Instagram oder Facebook können dazu führen, dass sich die Betrachter ausgeschlossen fühlen – etwa wenn die Freunde fröhlich feiern und die Party-Schnappschüsse online stellen.
  • Die ständige Konfrontation mit den idealisierten Darstellungen des Alltags der anderen führt zu Neid und dem verzerrten Glauben, dass andere viel glücklicher und erfolgreicher leben als man selbst.

Unklar sei indes, was zuerst da war: Soziale Medien oder die gefühlte Isolation, sagt Co-Autorin Dr. Elizabeth Miller. Es sei denkbar, dass ausgegrenzte junge Erwachsene öfter und länger soziale Medien nutzten als andere. Es kann aber auch sein, dass sie sich erst durch die exzessive Nutzung von Facebook in der realen Welt einsamer fühlten. Auch eine Kombination aus beidem hält Miller für möglich. "Aber selbst wenn die soziale Isolation zuerst da war, wurde sie durch das Onlinesein nicht gelindert", sagt Miller. Für eine eindeutige Kausalität sind jedoch weitere Studien notwendig. (dbe)