LG W7 im Kurztest: Flexible Videotapete

Mit seinem dünnen OLED-Display kommt LGs biegsames Wallpaper-TV dem Ideal einer Videotapete schon ziemlich nah. c't hatte die Möglichkeit, das beeindruckende W7-Masterpiece genauer unter die Lupe zu nehmen.

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LG W7 im Kurztest: Flexible Videotapete
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Inhaltsverzeichnis

Der Wallpaper-Fernseher W7 von LG macht seinem Namen alle Ehre: Samt Einfassung ist er nur 4,5 Millimeter dünn, er wird mit Magnethaltern an die Wand geheftet und trägt deshalb kaum auf. LG will das biegsame OLED-TV in zwei Größen mit 1,65 m Diagonale (65 Zoll) und 1,95 m Diagonale (77 Zoll) anbieten. Der 65-Zöller soll in Kürze für 8000 Euro in den Handel kommen, der 77-Zöller schlägt mit satten 20.000 Euro zu Buche. Wir hatten die Gelegenheit, den kleineren W7 im Rahmen eines Pressebriefings ausführlich zu testen.

Der Fernseher kommt in einem herkömmlichen TV-Karton, in dem das biegsame OLED durch Druckplatten stabilisiert wird. Die magnetischen Befestigung wird zunächst an die Wand geschraubt und das dünne OLED daran mit Ösen oben und Magneten unten arretiert. Die Befestigung übernimmt normalerweise das Service-Team, das den TV anliefert.

Unten an den Ecken lässt sich das Display leicht von der Wand biegen. Macht man das gleiche oben, löst sich das dünne Display aus der Halterung – zum Herumspielen nicht empfehlenswert, und in Kinderhöhe hängt man das flexible Wallpaper besser auch nicht auf.

LG Wallpaper TV (5 Bilder)

Das dünne OLED des Wallpaper-Fernsehers W7 wird mit Magneten an der Wand befestigt.

Aus dem Schirm führt ein weißes Flachbandkabel zur Soundbar, die weit mehr ist als ein Klangriegel: Sie beherbergt außer den Lautsprechern die komplette Videoelektronik. Wenngleich das etwa vier Zentimeter breite Verbindungskabel zwischen OLED und Soundbar auf einer weißen Wand kaum auffallen wird, stört es ein wenig den eleganten Eindruck des TV-Systems. Außerdem begrenzt es die Aufstell- beziehungsweise Aufhängmöglichkeiten der Soundbar – beliebig verlängern lässt sich das mit einem proprietären Stecker versehene Flachbandkabel nicht. Zum Glück legt LG ein zweites, 1,50 Meter langes Kabel mit in den Karton.

Dem W7 liegt eine wertige Fernbedienung bei, auf der man sich schnell zurecht findet. Sie hat Direkttasten für Netflix und Amazon und integriert die Funktion Magic Remote, mit der man den Mauszeiger auf dem Schirm ähnlich wie bei Nintendos Wiimote durch Bewegen der Fernbedieung steuern kann. Die Funktion deaktiviert sich automatisch, wenn man sie nicht nutzt und wacht wieder auf, wenn man am kleinen Steuerrädchen dreht.

LG hat die Geräten seiner vierten OLED-TV-Reihe mit WebOS in Version 3.5 ausgestattet. Dessen Basis entspricht der Vorgängerversion, neu hinzugekommen sind einige Komfortfunktionen. So kann man die Zifferntasten nun mit häufig benutzten Anwendungen belegen – dann startet beispielweise YouTube, wenn man länger auf die Taste "eins" drückt. Außerdem lassen sich die Bildausschnitte des Live-Zoom-Modus – dabei handelt es sich um eine Lupe, mit der man gezielt einzelne Bildbereiche mit 500-facher Vergößerung hervorheben kann – am angeschlossenen USB-Speicher aufzeichnen.

In seinem Gallery-Modus kann der W7 im TV abgelegte oder am USB-Speicher bereitgestellte Fotos in einem virtuellen Bilderrahmen darstellen und bei Bedarf mit Musik unterlegen. Es stehen vier Rahmen von goldenem Stuck bis zur schlichten Metallvariante bereit, mit denen die Darstellung am OLED-Fernseher tatsächlich wie ein gerahmtes Bild aussieht.

LG W7 im Test (9 Bilder)

LG nutzt für seine Fernseher WebOS; die neue Version 3.5 wurde im Wesentlichen um Komfortfunktionen ergänzt.

Was in der Theorie ganz wunderbar funktioniert – der superdünne W7 ist damit im ausgeschalteten Zustand kein unansehnliches schwarzes Loch, sondern ein schönes Bild an der Wand – hat in der Praxis einen Haken: Etwa alle fünf Sekunden wechselt der W7 das Bild, damit sich dessen Inhalt nicht einbrennt beziehungsweise die organische Leuchtschicht an den hellen Stellen keine Leuchtkraft verliert. Solche Stellen würde man später als Schatten in der Darstellung sehen.

Auch im Normalbetrieb verhindert eine Automatik diesen sogenannten Sticking-Effekt: Wenn sich der Bildinhalt nicht ändert und der Zuschauer keine Menüeinstellungen oder ähnliches vornimmt, aktiviert das OLED-TV nach zwei Minuten automatisch einen im wesentlichen schwarzen Bildschirmschoner, in dem einige bunte Pünktchen umherfliegen. Abstellen lässt sich die Automatik nicht.

Ein Grund für diese Vorsichtsmaßnahme ist die höhere Grundhelligkeit des OLED-TVs. Anders als bei LCD-TVs kann man im OLED für mehr Licht nicht einfach das Backlight aufdrehen. Stattdessen muss die organische Schicht selbst heller leuchten, wofür mehr Strom durch sie hindurchfließen muss. Die hellsten Displaybereiche werden dabei am stärksten belastet – ihre Lebensdauer sinkt. Deshalb schaltet LG das organische Display im Prinzip immer dann schwarz (reduziert also den Strom durch die Leuchtschicht), wenn der Bildinhalt nicht zwingend erforderlich ist. Das spart Energie und erhöht vor allem die Lebensdauer. Die Leistungsaufnahme variierte bei der Wiedergabe von Filmen zwischen etwa 80 und 230 Watt, im Mittel dürfte sie sich bei circa 150 Watt einpendeln. Auch das gilt es später im c't-Labor genauer zu verifizieren.

In unserem Kurztest haben wir auf einem Bild mit 10 Prozent Weißanteil (90 % war schwarz) eine maximale Leuchtdichte von 730 cd/m2 gemessen, was für OLEDs ein sehr guter Wert ist. Bei einem Weißanteil von 50 Prozent betrug die Leuchtdichte in dem für Film optimierten Cinema Modus 262 cd/m2, auf einem komplett weißen Schirm lag sie darin bei 133 cd/m2. Das reicht fürs schummerige Wohnzimmer aus. In sehr hellen Räumen würde man eher einen helleren Bildmodus wie zum Beispiel "Standard" nutzen.

In heller Umgebung kann der W7 allerdings kaum seinen großen Vorteil ausspielen – den beeindruckenden Schwarzwert. In lichtdurchfluteten Räumen werden dunkle Bildbereiche von Spiegelungen am Bildschirm überlagert. In dunkler Umgebung sind schwarze Flächen dagegen wirklich(!) schwarz und helle Sterne am dunklen Nachthimmel glitzern darin, ohne die nahe Umgebung aufzuhellen. Einzig in einigen Testbildern strahlten sehr helle Lichtpunkte ein wenig in benachbarte Schwarzflächen hinein und erzeugten so leichte Halo-Effekte. In realen Filmszenen bemerkten wir davon nichts.

Reflexionen am Bildschirm hat LG nach eigenen Angaben durch eine zusätzliche Polarisationsfolie reduziert. Die zuvor magentafarbenen Spiegelungen sind dadurch jetzt farbneutraler. Allerdings spiegelt der Schirm immer noch recht stark – eine mattierte Oberfläche verbietet sich wohl für das knackscharfe OLED-TV. Trotz der lichtschluckenden Entspiegelung konnte LG die Leuchtdichte der aktuelle OLED-TVs nach eigenen Angaben um 25 Prozent steigern.

Die Displayfarben erzeugt LG durch Farbfilter, die auf die weiß leuchtende OLED-Schicht angepasst wurden. Laut LG erreicht der W7 so über 90 % des DCI-P3-Farbraums; nachprüfen konnten wir das bei unserem Test vor Ort nicht. Wir werden es mit einem eigenen Testsample im c't-Labor nachholen. In der Praxis ist die Farbwiedergabe des W7 ausgewogen, bei Zuspielung von HDR-Inhalten wirken auch Hauttöne angenehm natürlich. Über die Darstellung im TV-Betrieb können wir noch nichts sagen – unser Testgerät hatte keinen TV-Zugang. Als wir Filme von Blue-ray-Disc ohne HDR einspielten, wirkten Gesichter manchmal ein klein wenig überhitzt. Reduzieren der Farbsättigung im Displaymenü von 55 auf 50 verbesserte die Darstellung aber.

HDR-Inhalte erkennt der W7 sofort und signalisiert sie durch eine kurze Einblendung. Er schaltet dann automatisch in einen HDR-Modus mit fünf wählbaren Voreinstelllungen für Standard, Vivid, Cinema-Home, Cinema (User) und Game. Auch hier ist Cinema (User) die passende Einstellung um Filme zu schauen. Aber: Das Untermenü "True Motion" steht darin per Default auf "Clear" mit De-Judder auf Maximum, was für einen starken Soap-Effekt sorgt. Wer den gar nicht mag, stellt die Zwischenbildberechnung komplett ab, dann ruckelt es allerdings leicht bei Kameraschwenks. Wir wählten als De-Judder +3, um den Soap-Effekt auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und zugleich möglichst wenig Ruckler zu sehen. Warum LG ausgerechnet im Cinema-Modus den De-Judder voll reindreht, bleibt uns ein Rätsel, zumal alle anderen Voreinstelllungen passen.

Gespannt waren wir auf die Wiedergabe fein differenzierter Farb- und Grauverläufe. Sie wurde in der Vergangenheit bei einigen OLED-Displays bemängelt. Als wir Graukeile in dem für Videos genutzten Farbraum Rec 709 zuspielten, gab sich der W7 keine Blöße, alle Stufen wurden fein differenziert, ein gleichmäßiger Verlauf von Schwarz nach Weiß erschien streifenfrei am Bildschirm.

Mit Graukeilen im für HDR-Inhalte genutzten BT2020-Farbraum hatte der W7 dagegen Probleme: Die hellsten Bereiche wurden nicht mehr aufgelöst, sie waren stattdessen komplett weiß. Ob dies am Signalgenerator lag, der uns von LG zur Verfügung gestellt wurde, oder am Display selbst, ließ sich nicht abschließend feststellen. Auch das werden wir später nachprüfen.

Ein Schwachpunkt – sofern man bei diesem Fernseher überhaupt von echter Schwäche reden kann – ist die Soundbar. Sie enthält zwei Frontlautsprecher und zwei Lautsprecher, die beim Einschalten des TVs mechanisch nach oben ausgefahren werden. Das sieht schick aus und signalisiert eindeutig, dass der Fernseher eingeschaltet ist. Allerdings projizieren diese beiden Lautsprecher den Ton nicht an die Decke, wie es für den Atmos Sound von Dolby nötig wäre. Stattdessen verbinden sie lediglich akustisch Soundbar und Display; LG nennt die Kombi 4.2. Das beworbene Dolby Atmos wird im W7 rein virtuell erzeugt.

Dies sei der späten Entscheidung für das Atmos-System geschuldet, erklärte LG. Die Entwicklung des TV-Gesamtsystems war zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen. Also wird vermutlich der Nachfolger des W7 Dolby Atmos mit echtem Deckenklang (voice of god) mitbringen. Das jetzige Klangerlebnis ist deshalb keineswegs schlecht – der W7 bringt ausgewogene Mitten, ausreichend Bässe und vor allem eine sehr gute Sprachverständlichkeit mit. Anders als beispielsweise Samsungs Soundbar HW-K950 schafft er es aber nicht, das beeindruckende Mittendrin-Gefühl echten Atmos-Sounds zu erzeugen.

Die akustisch optimale Sitzentfernung zum 65-zölligen W7 liegt laut Dolby bei 4 bis 5 Metern. Ändern können die Zuschauer das Optimum nicht. Für ein 4K-Display in dieser Größe ist dieser Abstand eigentlich zu groß: Aus vier Metern Entfernung sieht man keinen Unterschied mehr zum Full-HD-Display. Für hiesige Wohnzimmer sind die vier Meter in den meisten Fällen aber wohl realistisch.

Der W7 hat im ersten Test eine gute Figur gemacht: Seine Leuchtkraft überzeugte ebenso wie sein sattes Schwarz und die blickwinkelunabhängigen Farben. Auch wenn die magnetische Aufhängung nichts für Spielkinder ist, überzeugt auch sie – so dicht an die Wand bekommt man das superdünne Display mit herkömmlichen Befestigungen nicht.

Sämtliche Videoelektronik hat LG in die Soundbar ausgelagert. Kontraststarke Inhalte in den HDR-Formaten HDR 10 und Dolby Vision gibt der W7 nahezu perfekt wieder. Dass die Soundbar inklusive Videoelektronik über das weiße Flachbandkabel mit dem flexiblen OLED verbunden wird, schränkt ihre Befestigungsmöglichkeiten ein wenig ein. Wer sein eigenes Soundsystem statt der Soundbar nutzen will, hat zumindest optisch ein Problem.

Gegen den mitgelieferten Klangriegel spricht der nur virtuelle Atmos-Sound – angesichts des Preises für das Display-Soundbar-System von 8000 Euro sollte LG hier bald nachbessern.

Unabhängig von dieser kleinen Schwäche fällt auf, dass LG dem dreidimensionalen Klangerlebnis viel Aufmerksamkeit schenkt, die 3D-Darstellung des Bildes dagegen nicht vorsieht. Dabei wäre das 4K-Display ideal geeignet für die 3D-Wiedergabe in Full HD mit passiven Polfilter-Brillen. Drei Dinge sprachen wohl gegen die 3D-Variante: Erstens steht 3D nicht mehr im Fokus der Nutzer. Es gibt nur noch eine kleine Fangemeinde, die weiterhin dreidimensionale Bilder am TV mit 3D-Brille genießen will. Zweitens sind die nötigen Polfilter teuer, vor allem deren pixelgenaue Anpassung ans OLED-Display. Und drittens schlucken die Polarisationsfolien sehr viel Licht, was gerade für die nicht gar so lichtstarken OLEDs problematisch ist. LGs Entscheidung gegen das passive 3D-Verfahren ist deshalb nachvollziehbar. Das Shutter-Verfahren mit aktiven 3D-Brillen stand bei LG dagegen noch nie im Fokus und die schwereren und teueren 3D-Shutterbrillen waren bei vielen Zuschauern ohnehin unbeliebt.

LG beteuerte gegenüber c't, dass die Bildqualität des 8000 Euro teuren W7 identisch ist zur Bildqualität der anderen OLED-TVs aus der aktuellen 7er-Serie. Die Preisunterschiede von bis zu 3500 Euro bei den 65-Zöllern entstünden einzig durch das Design und den Sound. Wer "nur" einen OLED-Fernseher mit ausgezeichneter Bildqualität sucht und auf die – ohne Zweifel extrem schicke – Wallpaper-Ausführung verzichten mag, kann demnach auch zum deutlich preiswerteren OLED65B7D für 4500 Euro greifen.

Auch wenn LG mit dem W7 dem Traum von einer aufrollbaren Videotapete ein ganzes Stück näher kommt, ist der Preis dafür ziemlich hoch. Zwar wird er im Laufe des Jahres fallen, aber wohl "nur" um 1000 oder 2000 Euro. Das ist dann immer noch recht viel Geld – an die 77-zöllige Variante für voraussichtlich 18.000 Euro gar nicht zu denken.

Seine OLED-TVs aus der B- und C-Serie mit 1,40 Metern Diagonale hat LG bereits in Preisregionen wie vergleichbare LCD-TVs angesiedelt. Sie kosten 2800 Euro (55B7D) beziehungsweise 3300 Euro (55C7D) und werden so zu einer echten Alternative. OLED-Geräte für 6000 Euro und mehr werden ganz viele Zuschauer zwar toll finden und sehr gern haben wollen – aber wohl nur wenige werden sie wirklich kaufen. (uk)