Linux soll Mexiko-City verwalten

Die Stadtverwaltung von Mexiko-City will ihre Rechner in Zukunft statt mit Windows unter dem Betriebssystem Linux laufen lassen und das dadurch eingesparte Geld in Sozialprogramme investieren.

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Von
  • Andreas Grote

Die Stadtverwaltung von Mexiko-City will ihre Rechner in Zukunft statt mit Windows unter dem Betriebssystem Linux laufen lassen und das dadurch eingesparte Geld in Sozialprogramme investieren. Das bestätigte jetzt der technische Direktor der Stadt, José Barberán, gegenüber der mexikanischen Tageszeitung Reforma. "Das spart uns Millionen von Dollars, die meiner Meinung nach völlig unnötigerweise für Software ausgegeben werden".

Nachdem die Zulassungsbehörde von Mexiko-City bereits erfolgreich mit Linux arbeitet, soll nun innerhalb der nächsten zwei Jahre der vollständige Umstieg von kommerzieller hin zu Open-Source-Software erfolgen und die 18-Millionen-Stadt verwalten. Der Umstieg soll dabei nach und nach stattfinden, um das Tagesgeschäft in der Verwaltung nicht zu unterbrechen, während die Angestellten in den Umgang mit Linux eingewiesen werden. "Wir unterstützen die Philosophie von freier Software" erklärt Valencia Garcia, eine Mitarbeiterin Barberáns, "und wir werden das damit eingesparte Geld in unsere städtischen Sozialprogramme stecken, ganz nach dem Motto unseres Bürgermeisters: Für den Wohlstand aller, müssen die Armen an erster Stelle stehen".

Ein MS-Office-Programmpaket kostet in Mexiko rund 250 US-Dollar. Der durchschnittliche Verdienst einer Mexikaners liegt bei 5 US-Dollar pro Tag, so dass ein Privatanwender zwei Monatsgehälter bezahlen müsste, um es sich zu kaufen.

Schon das 1998 von der mexikanischen Regierung gestartete Scholar Net Programm zeigt die Vorteile von Linux für ärmere Länder. Scholar Net will bis 2003 auf 140.000 Computern an den öffentlichen Grund- und Mittelschulen Linux installieren. "Wir haben uns für die Ausstattung mit Linux entschieden, da anderenfalls eine Ausstattung der Schulcomputer durch die Softwarelizenzen einfach zu teuer geworden wäre" erläutert der Projektleiter Arturo Espinosa Aldama. Für jeden Computer hätte die Installation von Windows 98, Microsoft Office und einem Schulserver, der unter Windows NT läuft, jeweils 885 US-Dollar gekostet. Durch die Verwendung von Linux lassen sich so Lizenzgebühren in Höhe von rund 124 Millionen US-Dollar einsparen.

Stattdessen entschied sich Espinosa für ein Softwarepaket von Red Hat, das ihn 50 US-Dollar für die Installations-CDs und ein Handbuch kostete und das ohne weitere Lizenzkosten beliebig oft weiterkopiert werden darf und außerdem frei im Netz zum Download bereit steht. Linux ist nicht nur stabil und sicher, sondern ist auch skalierbar und arbeitet so effizienter als die kommerziellen Produkte, "wodurch Linux auch mit älterer, weniger teurer und leistungsfähiger Hardware zusammenarbeiten kann", was ein wichtiger Faktor ist, denn "wir haben kein großes Budget, sondern müssen mit den Computern arbeiten, die bereits in den Schulen vorhanden sind und wollen nicht jede Menge an Hardware upgraden". Die Schüler arbeiten gerne mit Linux und programmieren ihre eigenen Anwendungen, übersetzen Applikationen ins Spanische und folgen ihrem landsmännischem Vorbild und Linux-Guru Miguel de Icaza, der die Linux-Benutzeroberfläche Gnome mitentwickelt hat.

Entwicklungsexperten proklamieren schon seit längerer Zeit, daß die technologische Zukunft in Lateinamerika von frei erhältlicher Software und von Hardware-Spenden aus den Industrienationen bestimmt wird. So könnte Open Source-Software vielen Entwicklungsländern helfen, nicht zu den "Microsoft client states" zu gehören, indem sie ihre eigenen Anwendungen programmieren, meint Gary Chapman, Direktor des 21st Century Projektes an der Universität von Texas, Austin. "Das spart nicht nur Geld, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, einen eigenen Softwaremarkt im Land aufzubauen, und nicht ständig das Geld für teure Programme in die USA zu überweisen." Die Linux-Befürworter hoffen daher auch, daß sich das alternative Betriebssystem auf allen Regierungsebenen Mexikos durchsetzen möge, wo zur Zeit noch die meisten Computer mit Windows arbeiten.

Die Windows-Front bröckelt aber nicht nur in Südamerika oder Afrika. So hat in China das Pekinger Softwarehouse RedFlag mit dem auf Linux basierenden Betriebssystem "Computer 2000" eine kostengünstige Alternative zum Windows-Monopol vorgestellt, das für die meisten Nutzer auf dem chinesischen Markt unerschwinglich ist. (Andreas Grote) / (wst)