Daten für die Ewigkeit

Festplatten und optische Speichermedien sind vergesslich, Lese-Hardware veraltet schnell. Forscher wollen nun wertvolle Daten in Diamanten speichern – auf ewig.

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Von
  • Christian Buck

Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 20.3.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Das geht nun schon seit Jahrzehnten so: Die Menschheit produziert immer gewaltigere Datenberge, und die IT-Industrie liefert zuverlässig immer leistungsfähigere Speicher. Aber das Ende dieses Wettrennens ist abzusehen – und glaubt man Siddharth Dhomkar, werden die Hersteller von Speichermedien die Verlierer sein. „Die übliche Festplatte hat ihr Limit erreicht und kann maximal einige Terabytes speichern“, sagt der Physiker vom City College in New York. „Zudem halten sie nur einige Jahre, dann verhalten sie sich seltsam oder fallen gleich ganz aus.“ Auch DVDs und andere optische Speicher funktionieren in der Praxis höchstens einige Jahrzehnte, und Flash-Speicher können sogar schon nach wenigen Jahren unzuverlässig werden.

Dhomkar will deshalb eine Alternative ins Rennen schicken: Diamanten. Im Unterschied zur Schmuckindustrie geht es ihm aber nicht um den perfekten Stein – sondern ganz im Gegenteil. Dhomkars Ansatz beruht darauf, dass Diamanten oft ein wenig von der Perfektion abweichen: Ihr Kristallgitter besteht nicht nur aus makellos aneinandergereihten Kohlenstoffatomen. Hin und wieder schleicht sich ein Stickstoffatom ein, manchmal fehlt ein Kohlenstoffatom. Und gelegentlich tritt beides zusammen auf: Neben einem Stickstoffatom fehlt der Kohlenstoff. Wissenschaftler nennen das eine „Nitrogen Vacancy“ (NV). Und genau dort will Dhomkar künftig Bits speichern.

Denn NVs können Elektronen einfangen, womit sich zwei Zustände ergeben: NV mit und ohne Elektron – 0 und 1. „Wir haben einen grünen Laser verwendet, der beim Einfangen von Elektronen hilft, und einen starken roten Laser, der sie wieder aus der Falle entfernt“, berichtet Dhomkar. „Mit einem schwachen roten Laser können wir prüfen, ob ein Elektron gefangen ist oder nicht.“ Damit sind alle Zutaten vorhanden, um Bits zu speichern und auszulesen.

Bei der Lebensdauer der Bits wäre das Material allen Konkurrenten haushoch überlegen: Lagert man den Diamanten in Dunkelheit, sollen die Daten ewig halten. Auch die Speicherkapazität wäre kaum zu schlagen. Die Daten kann Dhomkar im gesamten Diamanten speichern – nicht bloß auf einer Ebene wie bei DVDs. Dadurch erreicht er eine bis zu 1000-fach höhere Speicherdichte als Blu-ray-Disks. Und das könnte erst der Anfang sein, wenn es dem Forscher gelingt, ein Manko seiner Methode zu beheben. Noch kann er die NVs nicht einzeln ansteuern, weil sie weniger als einen Kubiknanometer groß sind – und damit viel kleiner als die Wellenlänge des Lasers. Derzeit muss Dhomkar also jedes Bit in vielen NVs parallel speichern. Aber mit seinem Team arbeitet er gerade daran, das Zugriffsverfahren zu verbessern. Gelingt es ihm, jedes Bit in nur einem NV unterzubringen, „würde die Speicherkapazität von Diamant alles übertreffen, was bestehende Technologien erreichen können“.

(grh)