Fake News und Hasskommentare: Maas droht Facebook & Co. mit Geldstrafen

Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich enttäuscht gezeigt über den zweiten Test zum Entfernen strafbarer Inhalte nach Nutzermeldungen bei Facebook und Twitter. Er hat nun einen Gesetzentwurf mit hohen Bußgeldern vorgelegt.

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Heiko Maas

Heiko Maas

(Bild: dpa / Paul Zinken)

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Anderthalb Jahre, nachdem eine Arbeitsgruppe installiert wurde, mit der strafrechtlich relevante rassistische Hasskommentare besser bekämpft werden sollten, hat Bundesjustizminister Heiko Maas die Geduld mit den Bemühungen einiger großer Betreiber sozialer Netzwerke verloren. "Facebook und Twitter haben die Chance nicht genutzt, ihre Löschpraxis zu verbessern", erklärte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin. Die beiden US-Konzerne entfernten weiter zu wenige strafbare Beiträge und dies passiere auch noch zu langsam.

Dass es besser gehe, zeige Google mit der Videoplattform YouTube. Für den Minister ist damit jetzt klar: "Wir müssen den Druck auf die sozialen Netzwerke weiter erhöhen. Um die Unternehmen bei der Löschung strafbarer Inhalte noch stärker in die Pflicht zu nehmen, brauchen wir gesetzliche Regelungen."

Das Justizministerium hat schon einen Referentenentwurf fertig. Offensichtlich strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden, alle rechtswidrigen Inhalte binnen sieben Tagen entfernt oder gesperrt werden. Soziale Netzwerke müssten zudem einen "verantwortlichen Ansprechpartner in Deutschland" benennen.

"Ein Verstoß gegen diese Organisationspflichten ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu 5 Millionen Euro geahndet werden", unterstrich Maas. "Gegen das Unternehmen selbst kann die Geldbuße bis zu 50 Millionen Euro betragen."

Eine "Wahrheitskommission" solle nicht eingerichtet werden, beteuerte Maas. Der Entwurf richte sich aber gegen strafbare Inhalte allgemein und so auch gegen gezielte Falschmeldungen, "wenn sie etwa die Tatbestände der Beleidigung, Verleumdung oder der üblen Nachrede erfüllen". Am Ende sei für europaweit agierende Unternehmen auch ein europäisches Vorgehen nötig, sodass er die Vorschläge der EU-Kommission und seinen Kollegen im Ministerrat vorstellen werde.

Maas stützt seine Kritik auf einen zweiten Test von jugendschutz.net. Die länderübergreifende Stelle untersuchte, wie schnell die Plattformen auf Beschwerden reagieren und ob sie die an sie herangetragenen Beiträge löschen. Demnach entfernt oder sperrt Facebook 39 Prozent der von Nutzern gemeldeten strafbaren Inhalte. Das sind 7 Prozentpunkte weniger als im ersten Durchlauf, im Juli und August. Zudem löschte Facebook nur 33 Prozent binnen der eigentlich ausgemachten 24 Stunden nach der Beschwerde.

Beim jüngsten Test, den jugendschutz.net Anfang des Jahres durchführte, fiel Twitter zudem erneut durch. Der kalifornische Kurzmitteilungsdienst entfernte weiterhin nur einen von hundert Kommentaren, auf den ihn normale Nutzer aufmerksam machten – und auch dies nicht in Tagesfrist. Deutlich verbessert hat sich dagegen YouTube. Dort lag die Löschquote der über ein "einfaches" Konto gemeldeten strafbaren Beiträge bei 90 Prozent, 82 Prozent davon waren innerhalb von 24 Stunden aus dem Netz.

Für die Studie ermittelte jugendschutz.net 540 strafbare Beiträge, die gegen die Paragrafen 130 beziehungsweise 86a Strafgesetzbuch verstießen, und meldete sie den Diensten zunächst über ein Standard-Nutzerkonto, das nicht der Institution zugeordnet war. Inhalte, die binnen einer Woche nicht gelöscht waren, wurden danach über einen akkreditierten Account erneut gemeldet, was aber nur bei YouTube und Twitter möglich ist. Alle Inhalte, die nach einer weiteren Woche verblieben waren, gab jugendschutz.net abschließend an einen direkten E-Mail-Kontakt weiter. Die Aufrufbarkeit der gemeldeten Kommentare überprüfte jugendschutz.net jeweils nach 24 Stunden, 48 Stunden und sieben Tagen.

Auf Eckpunkte einer Gesetzesinitiative hat sich auch die große Koalition bereits geeinigt. Nach der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verabschiedete vorige Woche auch die SPD ein Positionspapier, um das Recht in sozialen Netzwerken angesichts zunehmender Falschmeldungen und Hasskommentare besser durchzusetzen. Unter anderem soll ein weit gestrickter zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Plattformbetreibern für Opfer "strafrechtlich relevanter Persönlichkeitsverletzungen" eingeführt werden. Damit sollen Betroffene "die Identität des Täters" in Erfahrung bringen können, wie dies heute schon bei Urheberrechtsverletzungen möglich ist. Davon ist zumindest in der vom Justizministerium bislang präsentierten Kurzfassung des Gesetzentwurfs aber noch nicht die Rede. (anw)