Styx: Shards of Darkness angespielt - Eskapaden eines Meuchel-Kobolds

Der grantige Kobold Styx begibt sich auf seine zweite große Diebestour durch eine beängstigende Fantasy-Welt voller Mord und Intrigen. Das macht trotz der faden Story Spaß.

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Styx: Shards of Darkness angespielt - Eskapaden eines Meuchel-Kobolds
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Kusenberg
Inhaltsverzeichnis

Der Protagonist des Schleich-Abenteuerspiels Styx: Shards of Darkness wirkt kaum sympathischer als Batmans Erzfeind, der Joker: Auf krummen Beinen wieselt der grünhäutige Berufsschurke Styx durch die Schatten der Stadt, mit klobigen Pranken umfasst er seinen Dolch, um arglosen Wachsoldaten die Kehle durchzuschneiden – oder sie in einen Abgrund zu schubsen. Mitunter vergiftet er das Trinkwasser, oder er lässt einen Kronleuchter auf ein paar müde Nachtarbeiter krachen.

Kein Wunder, dass Styx so ungehalten ist: Selbst seine Auftraggeber entpuppen sich als Rassisten, die bei jeder Gelegenheit armen Kobolden den Garaus machen oder sie in Käfige sperren. Doch nobel verhält sich Styx selbst auch nicht, meist giert er nach Gold, Kunstwerken und Amber, jenem magischen Grundstoff, der sein Diebeshandwerk beträchtlich erleichtert.

Die Rahmenhandlung mit ihren Intrigen und Fraktionskämpfen erscheint ähnlich uninspiriert wie im Vorgänger aus dem Jahre 2014, was das Vergnügen nur unwesentlich trübt, da sich das französische Studio Cyanide bei den Aufträgen, der Spielweise und der Inszenierung ins Zeug gelegt hat. So klingen die Dialoge unterhaltsam, und man erlebt bereits in den ersten Missionen dramatische Zwischensequenzen mit irren Priesterinnen und zauberkundigen Konkurrenzdieben.

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Der Spieler steuert den Kobold unter anderem durch die Fantasy-Stadt Korangar, wo Soldaten patrouillieren und Handwerker im Fackelschein arbeiten. Wie sein großes Vorbild Garrett aus der Spielserie Thief pflegt der Kobold durch die Schatten zu schleichen, er versteckt sich in Kisten und Krügen, löscht Fackeln und meidet es, gegen Stühle und Vasen zu stoßen. Denn jedes ungewohnte Geräusch alarmiert die mitunter schwer bewaffneten Menschen und Elfen. Im Falle der Zwerge verrät ihn sogar sein Geruch, was besondere Vorsicht beim Schleichen verlangt.

Sobald der Schleicher entdeckt wurde, erklingt ein Alarm, und dann bleibt dem Kobold nur die Flucht - sonst droht der Tod. Man stirbt recht oft, doch anders als im technisch spröderen Vorgänger dauern die Ladezeiten nicht mehr eine knappe Minute, sondern nur etwa zehn Sekunden. Das reicht gerade aus, um kurz Luft zu holen.

Styx: Shards of Darkness (8 Bilder)

Kisten, Krüge und andere Gegenstände dienen dem Kobold Styx als Sichtschutz.

Das Scheitern ermutigt den Spieler dazu, verschiedene Laufwege auszuprobieren, und davon gibt’s reichlich. Dank der vertikalen Ausrichtung der Gebäude bieten sich ein halbes Dutzend und mehr Möglichkeiten, das Ziel zu erreichen. Eine Minimap fehlt, stattdessen wird ein Richtungspfeil angezeigt, der auf die Richtung etwa des rettenden Fluchtballons weist. Also stromert Styx durch Kammern, klettert an Seilen aufwärts, schleicht über Treppen und gelangt zufällig in ein Schlafgemach voll wertvoller Beutegüter. Das unverhoffte Entdecken macht Spaß und lässt die Linearität der Story vergessen, wenn auch viele Wertgegenstände wie auf dem Präsentierteller herum liegen statt im Büffetschrank oder der Truhe.

Solange sie nicht schlummern, verhalten sich die Wachen hellhörig und hellsichtig. Das umfassende Waffenarsenal wiegt das auf: Mit Pfeilen tötet Styx die ahnungslosen Kerle, wenn er sich nicht unsichtbar macht oder mit einem Klon für Ablenkung sorgt. Der Spieler darf die Fähigkeiten des Kobolds verbessern, doch das ist weitgehend überflüssig, da die Gegner nicht stärker oder zahlreicher werden. Das Meucheln und Morden wird mit zu wenig Punktabzug bestraft und verleitet den trägen Spieler dazu, in einer brenzligen Situation eher einen Giftpfeil abzuschießen als heimlich unter einen Tisch zu huschen und den Wächter leben zu lassen. Mord ist meist der einfachere Weg, unabhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad.

Einige weitere Mankos fallen auf, die allesamt im Vorgänger präsent waren: Türen lassen sich nicht schließen, der Mord gelingt allzu einfach durch einmaliges Drücken der Dreieckstaste und echte Rätsel fehlen. Dank der Unreal-4-Engine sieht die Stadt Korangar aus der Ferne eindrucksvoll aus, die Menschen und Elfen bewegen sich überzeugend. Negativ fällt nur die Mimik der Figuren auf. Styx spricht exklusiv englisch mit einer rauen Sandpapier-Stimme, die den Zynismus des Charakters hervorragend spiegelt.

Die ersten Schleicheinsätze mit Styx machen einen Mordsspaß, vor allem wegen der flexiblen Erkundung und abwechslungsreichen Trickserei. Schade ist, dass Rätsel fehlen und unentdecktes Schleichen nicht ausreichend belohnt wird.

Styx: Shards of Darkness ist für Windows, PS4 und Xbox One erhältlich. USK: „ab 16 Jahren“. Für unser Angespielt haben wir einige Stunden auf der Playstation 4 Pro gespielt. (dahe)