Falcon-9-Unfall: PTScientists müssen ohne Google zum Mond

Beim Google Lunar XPrize sind die deutschen Mondfahrer gerade ausgeschieden. Auf der CeBIT haben sie erklärt, was passiert ist, wie sie trotzdem zum Mond fliegen werden und warum auf dem Erdtrabanten ein LTE-Mobilfunknetz aufgebaut werden soll.

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PTScientist scheiden bei Google Luna Xprize aus
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Schäffer
Inhaltsverzeichnis

Seit 2009 hat das deutsche Team PTScientists an der Mondmission gearbeitet, um den Google Wettbewerb "Lunar XPrize" und die dahinter stehende Finanzierung von 20 Millionen US-Dollar zu gewinnen. Erst im Dezember verkündete man, einen Flug für Ende 2017 gebucht zu haben. Im Januar fehlte die Gruppe überraschend bei Googles letzter Ankündigung.

Auf der CeBIT erklärte Teamleiter Robert Böhme gegenüber dem Make Magazin die Hintergründe des Ausscheidens. Schuld ist die Explosion der Falcon 9-Rakete von Space X am 1. September vergangenen Jahres auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral. Da die Plattform beschädigt wurde und erst repariert werden muss, verzögern sich alle geplanten Starts. Auf die Startplattform Vandenberg AFB von SpaceX können die PTScientists nicht ausweichen, weil sie sich nur für orbitale Missionen eignet. Mit dem Verschieben ihrer Mission ins Jahr 2018 erfüllen die privaten Raumfahrtpioniere nicht mehr Googles Teilnahmebedingungen, wie die X-Prize Foundation ihre Entscheidung zum Ausschied begründet, und der Teamleiter darlegt.

Wirklich traurig ist man bei den PTScientists über das Ausscheiden aber nicht, da man so nicht mehr dem strengen Reglement unterworfen werde und freier bei der Missionsplanung sei. Zudem würde Google den Lunar XPrize Ende 2017 stillschweigend auslaufen lassen, weil man dort der Meinung sei, zehn Jahre Laufzeit wären genug. Schließlich hätte das Team jetzt mehr Möglichkeiten, neue Sponsoren zu suchen.

Robert Böhme vom Team PTScientist zusammen mit Landemodul und Rover

Auf der CeBIT präsentieren sich die Raumfahrer auch gleich mit einem neuen Sponsor. Sie haben den Mobilfunkanbieter Vodafone ins Boot geholt und zeigen an dessen Stand ihren Rover ALQ (Audi Lunar Quattro) und das Landemodul Alina (Autonomous Landing and Navigation Module). Zusammen will man auf dem Mond das erste lunare Mobilfunknetz aufbauen. Dabei soll der neue 4G-Mobilfunkstandard LTE V2X genutzt werden, der für die Kommunikation von vernetzten Autos konzipiert wurde. Das "V" in der Abkürzung steht für das lateinische vehicula (auf deutsch Fahrzeuge), die dann mit "X"-beliebigen anderen Partnern in Verbindung treten können ("vehicula to X"). Auf dem Mond sollen dann gleich zwei Rover landen und mit dem Landemodul Daten austauschen. Spezielle Optimierungen der Module soll es nur zu mondspezifischen Problemen wie Strahlung und Vibration geben. Ob es bald auch SIM-Karten mit "Mondtarifen" geben wird, ist noch nicht bekannt.

PTScientists auf der CeBIT 2017 (10 Bilder)

Der aktuelle Prototyp des Audi Lunar Quattro
Flug zum Mond

2009 kündigten die Part Time Scientists ihre Teilnahme am Google Lunar XPrize an. Dabei wollen sie ein unbemanntes Fahrzeug auf den Mond schicken, dort 500 Meter fahren lassen und Bilder zur Erde schicken. Inzwischen wollen sie es ohne Google schaffen und weil aus der Teilzeitbeschäftigung ein Vollzeit-Job geworden ist heißen sie nun PTScientists.

Für die Mission bringt die LTE-Verbindung einige Vorteile. Das Landemodul kann einen Radius von ungefähr 12 bis 15 Kilometer abdecken und ein Rover schätzungsweise circa fünf Kilometer. Die Rover können zwar direkt zur Erde funken, verbrauchen dabei aber sehr viel Leistung (ca. 40 bis 60 Watt). Dabei erreichen sie eine Übertragungsrate um 1  Mbit, während das Landemodul Alina 10 Mbit schafft. Über ihre Solarpanele können die Rover nur 80 Watt beziehen. Alina stehen nach der Landung über 300 Watt zur Verfügung, wodurch sie permanent senden könnte.

Zudem entfällt die aufwändige, ständige neue Ausrichtung der Sendeantenne. Um eine Nachführung der Antennenausrichtung bei Fahrt der Rover zu vermeiden, wird bei Missionen wie etwa dem Mars-Rover Curiosity meistens darauf verzichtet und der Rover während einer Übertragung nicht bewegt. Dadurch ginge wertvolle Zeit für Fahren und Forschen auf dem Trabanten verloren. Die Zeit ist sowieso schon knapp bemessen, denn die Entwürfe sehen bisher nur eine Lebensdauer der Rover von einem Mond-Tag (etwa 14 Erd-Tagen) vor. Darüber hinaus lassen sich keine Prognosen abgeben, weil die Temperaturen nachts rapide und extrem fallen (von etwa +130 auf -160 Grad Celsius) und die Technik sich nur schwer für diese Extreme optimieren lässt.

Außerdem sollen die Rover auch untereinander kommunizieren und sich gegenseitig zur Reichweitenverlängerung nutzen. Gerne würde man den Krater Shorty erkunden, um dessen orangefarbenen Boden zu untersuchen. Dabei könnte ein Rover aus dem Empfangsbereich von Alina fahren und der andere Rover als Relaisstation agieren. Sollte sich LTE auf dem Mond bewähren, wäre es eine logische Konsequenz, wenn zukünftige Missionen ebenfalls auf diese Technik zurückgreifen, um Kosten zu senken und mit einem einheitlichen Standard zu arbeiten, so Böhme.

Vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gibt es schon mal die Freigabe, in der Nähe des Landeplatzes der letzten bemannten Mondmission Apollo 17 zu landen – auch damals besuchte man den Krater. Ob eine solche Erlaubnis überhaupt notwendig ist, wisse man zwar nicht, aus Höflichkeit habe man auch noch bei der NASA nachgefragt.

Der Audi lunar rover "schaut Mal eben" beim zurückgelassenen Lunar Roving Vehicle von Apollo 17 vorbei

(Bild: Audi AG)

Am Ende könnten die ehemaligen Freizeitforscher schneller als die Konkurrenz auf dem Mond sein. Beim Google Lunar XPrize sind noch fünf Teams über: das internationale Team Synergy Moon, SpaceIL aus Israel, Moon Express aus den USA, Team Indus aus Indien und Hakuto aus Japan. Robert Böhme schätzt die Chancen dieser Teams eher gering ein, denn ihre Technik sei bisher kaum erprobt oder es fehlten noch elementare Komponenten. Einzig dem indischen Team bescheinigt er gute Aussichten auf einen erfolgreichen Mondflug, da sie von der indischen Raumfahrtbehörde ISRO (Indian Space Research Organisation) unterstützt werden. Dies könne allerdings auch noch ein paar Jahre dauern.

Update [24.3.2017 8:15]: Einige Details und ein paar Bilder (fls)