Photovoltaik für die Steckdose: Steckerfertige Solarmodule teilweise zulässig

Kleinen Photovoltaik-Anlagen zur Selbstmontage stehen in Deutschland noch Hürden im Weg, die allmählich aber schwinden: Weststrom-Kunden dürfen sie nach einfacher Anmeldung nutzen.

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Steckerfertige Photovoltaik als Mini-PV-Anlage (Plug-in-PV)

Steckerfertige Photovoltaik als Mini-PV-Anlage

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Günstige Solarpanels und Wechselrichter ermöglichen Mini-Photovoltaik-Anlagen zu Preisen unter 500 Euro, die auch Laien an gewöhnliche Schuko-Steckdosen selbst anschließen können. Diese Einspeisung in sogenannte Endstromkreise sowie die theoretisch mögliche Rückspeisung von Energie ins öffentliche Stromnetz sehen deutsche Energieversorger, Netzbetreiber und der VDE jedoch bisher kritisch. Nun erlaubt der westdeutsche Netzbetreiber Westnetz den unbürokratischen Anschluss derartiger "Balkonkraftwerke" mit maximal 300 Watt Leistung.

[Update:] Laut IWR Online sieht das Westnetz allerdings anders: Demnach geht es um den Einzelfall einer 300-Watt-Anlage der österreichischen Marke "Simon", die eine Westnetz-Kundin anschließen möchte. Darüber gibt es eine Auseinandersetzung vor der Bundesnetzagentur. Laut IWR ist Westnetz der Meinung, dass ähnliche Anlagen zwar im Prinzip angeschlossen werden könnten, die fragliche aber nicht, weil sie nicht den aktuell gültigen technischen Regeln entspreche. [/Update]

[2. Update:] Dazu wiederum nimmt die Firma Simon Stellung: Demnach sind bereits rund 30 "Mini-Kraftwerke" vom Typ Simon mit je 150 Watt Spitzenleistung erfolgreich am Westnetz-Stromnetz angemeldet und in Betrieb. Diese Stromerzeuger tragen CE-Zeichen und entsprechen den Sicherheitsvorschriften des EU-Landes Österreich. Als Verteilnetzbetreiber hat die Firma Westnetz laut Simon nicht die Aufgabe, die Kompatibilität angeschlossener Geräte mit technischen Regeln zu beurteilen. Beim Streit vor der Bundesnetzagentur geht es auch nicht um technische Regeln zur Produktsicherheit. [/2. Update]

In den Niederlanden, in der Schweiz und in Österreich sind steckerfertige Solaranlagen bestimmter Bauformen längst zulässig; um die elektrische Sicherheit im betroffenen Haushalt nicht zu beeinträchtigen, gibt es aber technische Regeln. So wurde in den Niederlanden ursprünglich empfohlen, möglichst den Stromkreis zu verwenden, an dem auch die Waschmaschine hängt: Der verwendet dort üblicherweise eine Leitung mit stärkerem Aderquerschnitt, als er in Deutschland gängig ist (2,5 mm² statt 1,5 mm² bei 16 A Leitungsschutz).

Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenergie (DGS) hat mittlerweile einige Studien gesammelt, die sehr geringe zusätzliche Risiken durch den Anschluss von Plug-In-PV-Anlagen an Endstromkreisen feststellen. Demnach stellen sorgfältig aufgebaute Anlagen mit Wechselrichtern, die eine "einfehlersichere" Abschaltautomatik besitzen (NA-Aschutz nach VDE-AR-N 4105), kein Risiko für Stromschläge dar und beeinflussen auch gängige FI-Schalter nicht (Fehlerstromschutzschalter, Residual Current Device/RCD). Bei manchen Wechselrichtern kann es aber trotzdem nötig werden, einen teureren "RCD Typ B" einzubauen, der auch bei Gleichstrom auslöst – das Panel liefert schließlich Gleichstrom, der bei Fehlern im Wechselrichter auf die Netzseite gelangen könnte.

Mini-Wechselrichter hinter Solarpanel montiert

Laut DSG wird auch weder der Blitzschutz nachteilig beeinflusst – hier vergleicht man mit (Weihnachts-)Lichterketten für den Außenbereich –, noch drohen relevante Rückspeisungen von Energie ins öffentliche Stromnetz. Mini-PV-Anlagen sollen sich ja dadurch amortisieren, dass der Haushalt weniger elektrische Energie einkaufen muss; sie sind also für den Eigenbedarf gedacht.

Das Normungsgremium DKE im VDE erarbeitet derzeit eine neue Version der Norm DIN VDE 0100-551, die Anlagen zur Einspeisung in Endstromkreise regelt. Hier befürchtet die DGS unnötig teure Vorgaben und verweist auf die positiven Erfahrungen in der Schweiz und in den Niederlanden, wo demnach schon rund 200.000 dieser Anlagen ohne besondere Probleme arbeiten. Die DSG fordert deshalb eine Freigrenze von 800 Watt für steckerfertige Photovoltaik.

Ob sich die Anschaffung einer solchen Mini-PV-Anlage letztlich lohnt, hängt vom Einzelfall ab: Damit sich die Anlage finanziell amortisiert und auch die zur Produktion eingesetzten Ressourcen wieder einspielt, braucht sie einen sonnigen Standort, an dem sie mindestens etwa zehn Jahre lang störungsfrei arbeitet. Und dort muss auch ein tauglicher Stromkreis zum sicheren und langfristig störungsfreien Anschluss bereitstehen – falls dafür Arbeiten an der Elektroninstallation nötig sind, darf die nur ein Fachmann ausführen. Es ist folglich ratsam, sorgfältig zu planen.

Hintergrundinformationen:

(ciw)