Pro & Contra: Mehr Apple-Apps für Windows und Android?

iMessage und FaceTime sind in vielerlei Hinsicht besser als WhatsApp & Co., aber auf Macs und iOS-Geräte beschränkt. Sollte Apple die Apps auch für Android und Windows anbieten?

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jeremias Radke

Artikel aus Mac & i Heft 2/2017, Seite 7

Apple könnte zum Marktführer bei Kommunikationsdiensten werden, glaubt Jeremias Radke.

Auf meinem iPhone sind zur Zeit sechs Messenger installiert. Die brauche ich nur, weil nicht alle in meinem Bekanntenkreis Apple-Produkte nutzen. Leider verschlüsselt nicht jeder dieser Dienste Nachrichten standardmäßig. WhatsApp schaltet die Verschlüsselung sogar ungefragt ab, wenn ich mit Anwendern kommuniziere, die ältere Versionen des Dienstes verwenden.

Im Unterschied zu Apple wertet WhatsApp-Hersteller Facebook obendrein Nutzerdaten für Werbezwecke aus. Manche Messenger-Apps lassen sich zudem nur auf jeweils einem Gerät betreiben. Unterhaltungen, die ich unterwegs begonnen habe, kann ich deshalb nicht am Rechner oder mit dem iPad weiterführen.

Mit iMessage und FaceTime ist vieles besser. Die Dienste laufen gleichzeitig auf mehreren Geräten und sind vollständig Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Um den Datenschutz muss ich mir keine Gedanken machen. Deshalb wünsche ich mir, dass man in Cupertino über den eigenen Schatten springt und die Nachrichten-App sowie FaceTime für Android, Windows und Linux entwickelt. So schwer kann das nicht sein, immerhin gibt es auch eine Android-App von Apple Music und iTunes für Windows.

Das Unternehmen könnte mit einer plattformagnostischen Nachrichten- und Telefonie-App sogar unangefochtener Marktführer der Kommunikation werden: Letztes Jahr vermeldete Apple eine Milliarde aktive iOS-Geräte – mit Zuwächsen im zweistelligen Prozentbereich. Jeder Nutzer dieser Geräte ist per iMessage oder FaceTime potenziell erreichbar, mit Android-Apps würden es deutlich mehr.

Zum Vergleich: WhatsApp hatte zu diesem Zeitpunkt ebensoviele Nutzer und damit gar nicht mal so viel Vorsprung vor Apple. Die Portierung wäre also sogar lukrativ, denn von guten Apple-Apps überzeugte Android-Nutzer greifen beim nächsten Smartphone-Kauf vielleicht lieber zu einem iPhone. (jra)

Wolfgang Reszel hält Apples Messenger-Apps auf fremden Systemen für keine gute Idee.

Den Wunsch, per iMessage oder FaceTime wirklich jeden Smartphone-Besitzer erreichen zu können, kann ich durchaus verstehen. Doch meiner Ansicht nach stünde bei so einem Projekt zu viel auf dem Spiel.

Auf fremden Systemen kann Apple nämlich nicht verhindern, dass böse Apps wie Keylogger heimlich Eingaben oder gar den gesamten Bildschirminhalt aufzeichnen. Dies wäre nicht nur für mich als Besitzer des Geräts problematisch, sondern es beträfe auch gleich alle Personen, mit denen
ich mich austausche. Dann wäre auch egal, wie sicher deren Geräte sind.

Bei iOS hingegen ist Apple der Herr im Haus und hat die Kontrolle darüber, welche Apps in den App Store und schließlich auf die Geräte der Nutzer dürfen. Viele sicherheitsrelevante Komponenten stecken zudem nicht in der iMessage- oder FaceTime-App, sondern sind ein weitestmöglich abgeschotteter Bestandteil des Betriebssystems. Apple müsste also eigentliche Systemfunktionen in die Apps packen, gesondert pflegen und vor Missbrauch durch andere Anwendungen schützen. iTunes für Windows ist ein unrühmliches Beispiel dafür, dass mit der Komplexität auch die Fehlerquote steigt.

Apple bräuchte eine nicht unerhebliche Zahl wahrer Android- und Windows-Cracks, um seinen Messaging-Kosmos bombensicher auf die fremden Systeme zu portieren. Die Entwickler der sicherheitstechnisch weit weniger kritischen Apple-Music-App für Android werden da sicher nicht ausreichen. Apple rühmt sich gerne damit, viel Wert auf Sicherheit und Privatsphäre zu legen.

Sollte eine iMessage-App auf den weniger stark abgesicherten Systemen durch Dritt-Apps ausspioniert werden, würde das nicht nur Apples Image ankratzen, sondern den Schutz der Daten und Kontakte aller Anwender zunichte machen. Dieses Risiko sollte Apple auf keinen Fall eingehen. (wre)

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