Verdienter Sieg oder Eigentor?

Tierschützer erreichen, dass die Forschung mit nichtmenschlichen Primaten in Tübingen eingestellt wird. Die Wissenschaft allerdings bringt dieser Pyrrhussieg nicht voran.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Erfolg – gemäß dem Slogan: "Tierschützer retten Affen vor skrupellosen Forschern." Noch diesen April sollen die Versuche mit nichtmenschlichen Primaten im Labor des Hirnforschers Nikos Logothetis, Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, beendet werden.

Das haben Tierschützer erreicht, die 2014 im Institut filmten und mit ihren Bildern eine landesweite Diskussion auslösten. Dem Radiosender SWR2 zufolge wurden den Makaken Halterungen in die Schädeldecke implantiert, durch die während der Versuche Elektroden ins Gehirn eingeführt wurden. Dafür mussten die durstigen Tiere über Stunden in einem Gestell fixiert werden und erhielten zur Belohnung Wasser oder Saft.

Tierquälerei beschieden die Tierversuchsgegner und zeigten Institutsleiter Logothetis am Ende sogar an. Inzwischen hat sich der Wissenschaftler von Versuchen mit Affen verabschiedet und will künftig nur noch Nagetiere einsetzen. Dabei hat es der renommierte Gehirnforscher aber leider versäumt, sich von seiner Verteidigungshaltung zu distanzieren und eine Lanze für seine Arbeit zu brechen.

Vielleicht hat sich Logothetis auch von der deutschen Forschungslandschaft nicht ausreichend unterstützt gefühlt. Denn gibt man zum Beispiel auf der erst im September 2016 gestarteten Webseite "Tierversuche verstehen" den Namen des Wissenschaftlers ein, erhält man keinen Treffer. An sich würde man annehmen, die Initiative der deutschen Wissenschaft, koordiniert von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, würde den Vorfall zumindest dokumentieren.

Aber auch Logothetis versäumt es, rechtzeitig mit seinem Pfund zu wuchern. Als das Schwäbische Tagblatt Ende Dezember vorigen Jahres seine Stellungnahme zu den Ereignissen druckt, verpasst er es, grundsätzlich eine Lanze für seine Forschung zu brechen. Vielleicht kommt an diesem Punkt einmal mehr die Scheu der Wissenschaftler vor Transparenz und Aufkläung zum Tragen.

Logothetis belässt es daher bei einem zaghaften Verweis auf die Forschung des Kollegen Gregoire Courtine, der daran arbeite, Querschnittsgelähmten das Laufen wieder zu ermöglichen. Wer wollte solch eine Forschung verteufeln oder gar verbieten: Das käme in der Realität schon eher einem Pyrrhussieg gleich. (inwu)