Auftragsboom bei Industrie-Robotern

Rapide sinkende Preise für Automatisierungstechnik und stetig steigende Arbeitskosten führen zu einem Boom bei Industrie-Robotern in Europa.

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Von
  • Klaus Peeck

"Niemals zuvor hat es so viele Kaufaufträge für Industrieroboter durch die europäische Industrie gegeben", kommentiert Jan Karlsson von der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen ein Gutachten, das seine Organisation in Zusammenarbeit mit der International Federation of Robotics (IFR) erstellt hat. Danach stieg der Auftragseingang in diesem Sektor in Europa im Jahre 2000 gegenüber dem Vorjahr um 25 Prozent, während der Zuwachs weltweit nur 15 Prozent betrug und in den USA sogar um 27 Prozent zurückging – was als Indikator für die beobachtete Abkühlung der US-Konjunktur angesehen wird.

Auf Seiten der Auftraggeber erkannten die UN/IFR-Gutachter eine Branchenrotation: Die Automobilindustrie verlor mit nur 3 Prozent Steigerung ihre typische Vorreiterrolle zu Gunsten der übrigen produzierenden Industrie, die ihre Auftragsvergaben um 40 Prozent nach oben schraubte.

Die Gründe für den sich verstärkenden Trend zur Automatisierung sehen die UN/IFR-Gutachter in der stetig wachsenden Diskrepanz zwischen steigenden Arbeitskosten auf der einen und den sinkenden Preisen für Industrieroboter auf der anderen Seite: Während die Kosten für Arbeitskräfte in den letzten 10 Jahren in den USA um rund 43 Prozent gestiegen seien, habe sich das Preisniveau von Industrierobotern – verglichen mit deren Leistungsstand im Jahr 1990 – um mehr als 80 Prozent reduziert. Nach Meinung von Jan Karlsson sehen wir heute zudem erst die erste "Roboterisierungswelle" mit der Automobilindustrie in der Vorreiterrolle, während der Automatisierungsschub künftig vor allem von der sonstigen produzierenden aber auch der nicht-produzierenden Industrie getragen werde.

Noch viel dramatischer prognostiziert die UN-Kommission die Zuwachsraten übrigens bei Heimrobotern bis zum Jahr 2003: Um satte 9667 Prozent solle danach der Bestand dieser heimischen Helferlein anwachsen. Angesichts eines derzeitigen jährlichen Absatzes von nur 3.000 Heimrobotern vermutlich kein unerreichbares Ziel. Im Unterschied zu den hochleistungsfähigen, aber zumeist mehr oder minder immobilen Industrierobotern steckt die Robotertechnik für den Heimeinsatz nach einer Veröffentlichung des NewScientist noch in den Kinderschuhen. Vor allem die von diesen Geräten geforderte Mobilität stelle die Produzenten vor größere Schwierigkeiten. Die szenische Inkonstanz der Arbeitsumgebung "Haushalt" ergebe sich durch offene oder geschlossene Türen, verstellte Möbel, liegen gelassene Gegenstände oder schlicht durch den Faktor "Bewohner". Dies stelle besonders hohe Ansprüche an die sensorischen Fähigkeiten solcher Geräte, wenn diese zum Beispiel zum Staubsaugen oder – im Außenbereich – zum Rasenmähen herangezogen werden sollten.

Die Leistungsfähigkeit heutiger Mikroprozessoren reiche zwar inzwischen aus, auch komplexere Steuerungen für Heimroboter zu realisieren, allerdings bestehe das Hauptproblem hierbei darin, den sich erst langsam entwickelnden Markt nicht mit hochleistungsfähigen und damit extrem hochpreisigen Geräten zu irritieren. Von der Vorstellung eines universellen C-3PO à la Star Wars für den Hausgebrauch habe sich die Industrie deshalb vorerst verabschiedet. Sie treibe stattdessen die Entwicklung preiswert realisierbarer, spezialisierter Geräte voran.

Aus den Entwicklungsabteilungen der Roboterhersteller seien dem NewScientist zufolge jedoch bereits Klagen zu hören, der Drang zu simplen Konstruktionen gehe zu weit: Beispielsweise werde an Stelle von Systemen zur optischen Orientierung aus Kostengründen eher auf die Auswertung von Rutschkupplungen in den Roboter-Antrieben zurückgegriffen. Diese lösen, wenn sich das Gerät "festgefahren" hat, ein einfaches Umkehrsignal aus. Die Aufgabe der nächsten Jahre bestehe deshalb darin, Konstruktionen zu finden, die technisch gerade aufwendig genug seien, um vom Kunden nicht als primitiv abgetan zu werden, andererseits aber auch simpel genug, um preiswert sowie einfach und verlässlich im Einsatz zu sein.

Von Seiten der künstlichen Intelligenz (KI) sollte man für nähere die Zukunft jedoch nicht allzu viel erhoffen, getreu dem zitierten alten Leitsatz: "Wenn man einen Roboter konstruieren könnte, der intelligent genug wäre, das lästige Kleiderbügeln zu übernehmen, dann wäre der auch intelligent genug, nicht bügeln zu wollen." (klp)