Kopierschutz für Musik-CDs: Jetzt wird's ernst.

Der deutsche Phonoverband sieht die nahezu flächendeckende Einführung von Kopierschutzmechanismen bei Musik-CDs in greifbarer Nähe.

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Von
  • Klaus Peeck

Der deutsche Phonoverband sieht die nahezu flächendeckende Einführung von Kopierschutzmechanismen bei Musik-CDs in greifbarer Nähe. Wie Verbandsvorstand Kurt Thielen gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte, sehe sich die Branche mit Umsatzrückgängen von 20 Prozent im ersten Quartal 2001 und einem überbordenden Raubkopieren von Musik-CDs auf heimischen CD-Brennern konfrontiert.

"Es ist ein Flächenbrand geworden", gibt sich Thielen dramatisch und verweist auf Erkenntnisse seines Verbandes, nachdem im vergangenen Jahr neben 262 Millionen verkauften CDs mehr als 120 Millionen CD-Rohlinge mit Pop- und Rockmusik bespielt worden seien. Während für eine Musik-CD durchschnittlich 30 Mark bezahlt würden, seien es für einen CD-Rohling höchstens drei Mark.

Für sein eigenes Plattenlabel hat Thiele bereits die Konsequenzen gezogen: Sein Zomba Records (publiziert u. a. Britney Spears und die "Backstreet Boys") bringt seit Juli nur noch kopiergeschützte CDs auf den Markt, die nicht mehr auf Computer-CD-ROM-Playern abspielbar sind. Damit wird das Thielensche Label zum Schrittmacher der Kopierschutzbewegung; nach Verbandsinformationen werden eine Reihe von Musikkonzernen wie auch kleinere Labels künftig voll auf die elektronische Kopierbremse setzen.

Zögerlich zeigten sich manche Anbieter noch bei der Deklaration des Kopierschutzes auf der CD, sodass eine Reihe von CDs auf den Markt kämen, auf deren Verpackung kein Hinweis auf den Schutzmechanismus zu finden sei, berichtet allerdings die Süddeutsche. Sollte dieses Verhalten jedoch Schule machen, so dürften im Zuge einer bevorstehenden Kopierschutzwelle auch die Probleme des Handels als Front-End zum Kunden zunehmen: Da weder eine einheitliche Schutzsoftware existiert noch sichergestellt werden kann, dass kopiergeschützte CDs auf allen normalen Musik-CD-Playern störungsfrei abspielbar sind, könnte sich die Reklamationsrate künftig drastisch erhöhen und sich zudem interessante Haftungsfragen auftun. Bisher verzeichnet der Tonträgerhandel nur vereinzelte Probleme mit kopiergeschützten CDs, und auch Philips als Hersteller von HiFi-CD-Rekordern konnte auf Nachfrage bisher noch keine signifikanten Schwierigkeiten mit kopiergeschützten Musik-CDs benennen.

Ein anderer Grund für die Krise, dem auch mit den raffiniertesten Kopierschutzmechanismen nicht beizukommen ist, ist ein Strukturwandel auf der Nachfragerseite: "Der große Pop-Boom ist vorbei", gibt auch Zomba-Chef Thielen zu, und die Jugendlichen gäben ihr Geld nicht mehr überwiegend für Musik aus, sondern vermehrt für Handys, das wiedererstarkte Kino und teure Trendsportarten. Eine zu stark fragmentierte Musikszene mit zu wenigen aufwendig promoteten Stars trage zur Krise in der Musikindustrie noch bei. Schon 1999 hat deshalb der Phonoverband auch die Verkaufsgrenzen für die Vergabe von Platin-Schallplatten gesenkt: statt für 500 000 gibt es seither schon für 300 000 verkaufte Tonträger die werbewirksame Platin-Trophäe. (klp)