Über Snapchat in den Job

Unternehmen entdecken den Messaging-Dienst Snapchat zunehmend als Recruiting-Plattform. Das ist vor allem für die Jobsuchenden von Vorteil, die sich gut präsentieren können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.

Vor einiger Zeit bloggte meine Kollegin über ein israelisches IT-Unternehmen, das eine Jobanzeige auf klingonisch veröffentlichte. So sollten möglichst pfiffige Programmierer gefunden werden. Das erforderte zunächst einmal, die fiktive Sprache des Kriegervolkes aus der Star Trek-Sphäre zu identifizieren und sich dann bei der Entschlüsselung behelfen zu wissen. In Job-Beschreibungen nennt man das wohl lösungsorientiert. Wie die israelische Firma bei ihrem Recruiting neue Wege beschreitet, so tut es auch die Fast-Food-Kette McDonald‘s. Genauer gesagt setzt das Burger-Restaurant in Australien auf Snapchat als Bewerbungskanal.

Der Messaging-Dienst hat seit seinem Start 2011 in der Landschaft der sozialen Medien für Wirbel gesorgt. Fotos und Videos mit Filtern zu posten, die nach maximal zehn Sekunden wieder gelöscht werden, spricht vor allem eine junge Zielgruppe an. 63 Prozent der Nutzer sollen zwischen 13 und 24Jahre alt sein. Sie sind damit im besten Ausbildungsalter. Da ist es verständlich, dass Firmen diese Gruppe auf dem Snapchat-Weg erreichen wollen. Bei McDonald‘s Australien stellt ein zehn-sekündiges Video die Eingangstür zum Job dar. Dabei sollen die Bewerber einen Filter nutzen, der sie eine McDonald‘s-Uniform tragen lässt. Gefällt den Personalern, was sie sehen, geht‘s weiter zum Bewerbungsbogen und schließlich zum Bewerbungsgespräch.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, sich ein Bild von den Bewerbern zu machen. Im Vergleich zu einem üblichen Bewerbungsschreiben geht das in Form eines Videos natürlich einfacher (abgesehen vom persönlichen Gespräch). Da es bei den Jobs in der Fast-Food-Kette auch um Kontakt mit Kunden geht, ist ein aufgeschlossenes Wesen von Vorteil. Und genau das wollen die Entscheider sehen. Das hilft sicherlich solchen Bewerbern, die sich möglichst überzeugend präsentieren können. Andere Bewerber, die vielleicht bessere Qualifikationen haben, geraten hier ins Hintertreffen. Die Entscheidung zum "Recall" von einem einzigen Video-Schnipsel ohne jegliche Hintergrund-Information abhängig zu machen, scheint daher heikel.

Doch das australische McDonald‘s ist nicht das einzige Unternehmen, das Snapchat für sich entdeckt hat. Auch die Supermarkt-Kette Rewe setzt auf den Dienst, um neue Auszubildende zu finden. Neben herkömmlichen Stellenanzeigen ist Snapchat bei Rewe aber lediglich ein Kanal unter mehreren, um zu einem Job zu kommen. Dieses vielfältige Angebot ist begrüßenswert, eine Fokussierung auf ein zehn-sekündiges Video als Auswahlkriterium ist es jedoch nicht. Das Geld, das für einen solchen gesponsorten Filter zu Buche schlägt, wie beim McDonald‘s Down Under, wäre vielleicht in die Bezahlung der bereits dort arbeitenden Angestellten besser investiert.

(jle)