Space Debris Conference: Friedhofsorbit oder Todesstern

Zum Abschluss der Konferenz über Weltraumschrott ging es einmal mehr kreative Lösungen, wie man alte Satelliten sinnvoll entsorgt: In einen Friedshofsorbit schicken oder auf einen Todesstern verbannen?

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Space Debris Conference: Todessterne und Satellitenschwärme im Erdorbit

Projekt Necropolis: Ein kleiner "Jäger" sammelt alte Satelliten ein und befestigt sie an einem Gerüst. So können ganze "Todessterne" wachsen.

(Bild: Guest Associates)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

In Simulationen des Weltraummülls wie dem Film Space Debris – A Journey to Earth, der auf der 7th Space Debris Conference in Darmstadt seine Premiere erlebte, sorgt der Bereich in größter Erdnähe stets für die eindrucksvollsten Szenen. Wie ein Insektenschwarm wuseln hier die Überreste von 60 Jahren Raumfahrt durcheinander und unterstreichen die Notwendigkeit, endlich einmal richtig aufzuräumen. Die etwas ferner liegenden Problemzonen sollten darüber aber nicht vergessen werden.

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Francesca Letizia (University of Southampton) etwa beschäftigte sich mit Satelliten, die an den Librationspunkten positioniert sind, wo sich die Gravitation von Erde, Mond und Sonne gegenseitig aufheben und sehr stabile Orbits mit konstanter Entfernung zur Erde möglich sind. Insbesondere für astronomische Observatorien sind die Punkte L1 und L2 in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung attraktiv (siehe dazu auch das "Zahlen, bitte! Lagrange-Punkt zwischen Erde und Sonne"). Es gebe aber bisher keine Verfahren, das Risiko eines unkontrollierten Wiedereintritts solcher Satelliten in die Erdatmosphäre abzuschätzen oder sie am Ende ihrer Betriebszeit kontrolliert wieder herunterzuholen.

Elisa Maria Alessi hat für die italienische Forschungsbehörde CNR untersucht, wie das Sonnenobservatorium Soho, das seit 1995 vom L1 aus seine Beobachtungen durchführt, auf die Erde zurückgeholt werden könnte. Problematisch ist dabei insbesondere die mit etwa 11 km/s gegenüber erdnahen Satelliten (7,9 km/s) erheblich höhere Geschwindigkeit, mit der die Sonde in die Atmosphäre eintreten würde. Kleine Ungenauigkeiten in der Berechnung der Flugbahn könnten dramatische Auswirkungen darauf haben, wo Trümmerteile am Boden auftreffen.

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Auch der Eintrittswinkel spielt eine Rolle: Bei einer steilen Flugbahn ist der atmosphärische Widerstand zwar größer, wirkt dafür aber über kürzere Zeit als bei einer flachen Bahn, sodass die Sonde möglicherweise nicht vollständig verglüht. Kritisch äußerte sich Alessi zur derzeit gängigen Praxis, Satelliten von den Librationspunkten einfach davon driften und in eine Umlaufbahn um die Sonne eintreten zu lassen. "Für die nähere Zukunft ist das sicher", sagte sie. "Aber was ist in 100 oder 200 Jahren?"